Robokalypse
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Der Wissenschaftler Professor Nicholas Wassermann beschäftigt sich mit dem Thema Künstliche Intelligenz. Sein neuestes Experiment in dieser Sache wird von ihm gerade in Washington vorgestellt. Das vierzehnte Experiment zum Thema überlegene künstliche Intelligenz wird auch gleich sein letztes sein. Nicht¸ weil er in diesem Bereich nicht mehr forschen will¸ sondern nicht mehr forschen kann. Sein Leben wird recht plötzlich beendet. Professor Nicholas Wassermann ist das erste Opfer eines Neuen Krieges. Es wird¸ (ähnlich wie in den Terminator-Filmen ein Krieg zwischen den Maschinen und ihren Schöpfern. Der Professor stellt seinem neuen Werk¸ Archos genannt¸ eine Frage¸ worüber Archos etwas mehr herausfinden will. Archos Antwort ist gleichzeitig Wassermanns Todesurteil¸ der er will alles über das Leben herausfinden. Lebewesen sind ein Pool an Informationen¸ der genutzt werden muss. Die Menschheit hat ihr Ziel erreicht¸ die Zeit der Menschen ist vorbei. Er will den Planeten von den Menschen befreien¸ die diesen nur ausnutzen.
Archos entkommt aus dem Labor und will alle Maschinen auf der Welt kontrollieren und durch sie die Menschheit beherrschen und vernichten. Ein Vorhaben¸ welches recht leicht in die Tat umzusetzen ist. Flug-¸ Fahr und Schwimmfahrzeuge werden bereits von Computern gesteuert¸ und wenn da ein paar Unfälle geschehen¸ ist das lediglich natürliche Auslese. Und erst recht der grosse Bereich Haushalt mit explodierenden Geräten¸ Fahrstühlen mit Fehlfunktion¸ und was es sonst noch an tollen Ideen gibt. Archos lässt sich nicht mehr aufhalten und mit seiner Künstlichen Intelligenz und den schnelleren Denkabläufen ist er besser als jeder Mensch. Ihm gelingt es¸ alles¸ was mit einem Computer verbunden ist¸ zu manipulieren. Er hetzt die Roboter auf die Menschheit¸ steckt sie in Arbeitslager und anderes mehr. Die überragende Intelligenz¸ ob künstlich oder nicht¸ sie stammt letztlich durch die Programmierung vom Menschen¸ übertraf die Erwartungen¸ die Wassermann in ihn setzte. Aber das Potential¸ sich selbst weiterzuentwickeln¸ wurde so wohl nicht erwartet. Dies Potential ist es¸ dass zur eigentlichen Bedrohung wird. An dieser Stelle hätte ich mir in der Bedrohung etwas mehr Kreativität gewünscht#184; auch wenn schon kleinste Spielzeugroboter auf sein Kommando hören. Dafür ist die Systematik von Archos¸ wie er an das Problem der Weltherrschaft herangeht¸ sehr gut ausgearbeitet. Die letzten Fehler hätte er aber nicht machen dürfen¸ da er mit seiner Intelligenz bereits den Menschen überholte. Archos Kontrolle über sämtliche Computersysteme der Welt in Form von Navigationssystemen¸ Atomkraftwerken¸ Haushaltsrobotern¸ Industriemaschinen und anderem mehr ist fast perfekt. Zuerst bemerkt der Mensch gar nicht¸ dass sich etwas oder besser jemand¸ gegen ihn richtet. Die ersten tödlichen Unfälle werden als Fehlfunktionen und Zufälle interpretiert. Erst als sich die Angriffe als systematische Bedrohung zu erkennen geben¸ wird der Menschheit bewusst¸ dass sie vor dem endgültigen Untergang steht. Städte und Regionen werden von der Oberfläche der Welt getilgt. Für Archos sind alle Menschen gleich und so ist es ihm egal¸ wer zuerst stirbt. Die Menschheit ist jedoch nicht bereit das Schicksal der Dinosaurier als Beispiel zu nehmen und auszusterben. Der Überlebenswille setzt sich durch¸ indem sich Grüppchen und Gruppierungen zusammenfinden¸ die eigenen Abneigungen ignorieren und einem gemeinsamen Ziel unterstellen. Der Gegenschlag gegen den Computer lässt nicht auf sich warten. Die Frage ist nur¸ wo ist Archos¸ um ihn direkt angreifen zu können?
Ein Buch¸ dass sich mit Robotern und deren Aufstand gegen die Menschheit¸ ein beliebtes Thema in den 1950er und 1960er Jahren¸ befasst¸ lässt zwangsläufig die von Isaac Asimov aufgestellten Robotergesetze ausser acht. So betrachtet der Autor Daniel H. Wilson das Leben der Menschen und die Geschehnisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln in den einzelnen Kapiteln. Dafür setzt er verschiedene Personen ein¸ deren Leben irgendwie miteinander verbunden sind.
Daniel H. Wilson ist selber Informatiker und Doktor für Robotik. Daher weiss er¸ wovon er schreibt und seine Handlungsträger berichten lässt. Seine nicht allzu ferne Vision eines Roboteraufstands ist sicherlich nicht völlig aus der Luft gegriffen. Wenn wir den Berichten von Cormac Wallace folgen¸ sind wir schnell im Mittelpunkt des Geschehens. Wallace fand nach Kriegsende einen Würfel¸ dessen einzige Aufgabe es zu sein scheint¸ unentwegt Aufnahmen über Menschen und ihre Handlungen abzuspielen. Der selbsternannte Historiker Cormac schreibt die Begebenheiten nieder und so wird man¸ quasi Augenzeuge eines Krieges¸ der nicht zu gewinnen ist. Denn Archos¸ der intelligente Roboter nimmt Kontakt zu seinen Untergebenen auf¸ um die Welt der Menschen von eben jenen zu säubern. Die Beobachtungen des Würfels¸ die den Leser zum Augenzeugen machen¸ zeigt auf¸ wie der Krieg beginnt und wie er verläuft. Und er sagt ganz klar¸ wie er endete. Wilson führt uns mit seinem Kriege der Maschine ganz deutlich vor Augen¸ wie abhängig wir bereits heute von Maschinen sind. Man stelle sich nur einmal auf einen Bahnhof¸ binnen Minuten ist man von Handynutzern umzingelt. Vieles lassen wir von Maschinen erledigen und vertrauen in viel zu sehr auf die Macht des Computers. Wir schreiben keine Briefe mehr mit Hand¸ der Ofen wird programmiert und der Kuchen¸ die Pizza oder was auch immer kommt fertig raus. Selbst der Wecker am Bett ist meist elektrisch betrieben und weckt mit Musik oder Nachrichten. Unser Leben wird zugegebenermassen immer bequemer. Daher erscheint die fiktive Entwicklung gar nicht unrealistisch. Da Daniel Wilson selbst Mensch ist¸ gewinnt der Mensch. Wie sähe der Roman aus¸ hätte ein Schreibprogramm das Ende beschrieben? Letztlich bleibt der menschliche Überlebensinstinkt der Mittelpunkt der Erzählung¸ der sich gegen jede Art von Maschine durchsetzt. (Hofft der Mensch. Daniel Wilson erzeugt mit klaren Worten eine packende und angsteinflössende Atmosphäre. Die Kapitel sind von Anfang an gut aufgebaut und die Leser finden sich gleich in dieser ungewöhnlichen Welt zurecht. Obwohl Daniel Wilson einen Ich-Erzähler in den Mittelpunkt stellt¸ aber letztlich nur als Chronist fungiert¸ besitzt der Roman keine richtigen Identifikationsträger. Die Grundidee ist nicht neu¸ wie bereits angedeutet¸ doch die Art und Weise der Aufbereitung der Geschichte ist zumindest ungewöhnlich. Der Leser hält eigentlich keinen Roman¸ sondern eine fiktive Dokumentation in den Händen mit vielen zusammengetragenen Augenzeugen-berichten¸ Berichten¸ Erklärungen¸ Protokollen und Interviews. Obwohl in der Zukunft angesiedelt¸ sind wir inzwischen wieder bei Punkt Null.
Und damit sollte man es belassen. Ich hoffe sehr¸ dass es keine Fortsetzung gibt. Höchstens noch einen Roman¸ diesmal aus der Sicht der Maschinen.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355