Rauch und Asche
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Das universelle Rollenspiel-Fanzine Greifenklaue wurde bereits 1997 von Mitgliedern der Pfadfindergruppe Mantikore als gedrucktes A4-Heft ins Leben gerufen und eroberte ab 2005 auch das Internet. Neben dem gedruckten Fanzine betrieb Ingo aka "Greifenklaue" vor allem einen Blog, einen Podcast und ein eigenes Forum. Zur großen Bestürzung der Rollenspiel-Szene verstarb Ingo Schulze am Freitag den 26.11.2021. |
"Rauch und Asche" ist der dritte Teil von Tanya Huffs Rauch und ...-Reihe: nach Schatten und Spiegeln ist es nun Asche. Ihr Hauptcharakter Tony arbeitet an der kanadischen Trashserie um den vampirischen Detektiv Raymond Dark mit und ist nach den Ereignissen im Spukhaus zu einem jungen Magier gereift. Allerdings spukt ihm eher der Nebendarsteller der Serie, Lee, weiterhin im Kopf rum.
Diesmal beginnen die mysteriösen Ereignisse bei einem Außendreh, bei der sich das Drehteam die gesperrte Straße mit Bauarbeitern teilen muss, die die Straße erweitern ‐ schließlich brauch man hier nur halb so viele Genehmigungen. Doch am Ende des anstrengendes Drehtages hat Tony ein Erlebnis der anderen Art: Hinter der Stuntfrau Leah hat sich ein geisterhafter Dämon manifestiert, den anscheinend nur er sehen kann.
Noch in der selben Nacht steht die Stuntfrau vor seiner Tür und offenbart ihm ihre Geschichte. Sie wurde vor Jahrtausenden geboren, als ein Dämon namens Ryan Cyratane ihr Volk versklavte, umbrachte und sie als Pfand für seine Rückkehr benutzen wollte. Sein Plan war, sie im Moment ihres Todes als Portal zu benutzen. Damit sie sich aber nicht aus Gram umbrachte ob der Ermordung all ihrer Freunde und Bekannten und er damit zu schnell zurück musste, stattete er sie mit besonderem Schutz aus, so dass sie sich nicht verletzten konnte. Allerdings fiel sein Zauber etwas heftig aus und so wandelt Leah nun schon seit Jahrhunderten auf Erden, ohne dass sie je ein Tropfen Blut verlor oder dass sie alterte. Und so hat sie auch mit den fiesesten Stunts keinerlei Probleme...
Nun jedoch scheint ihn der dämonische Geduldsfaden gerissen zu sein und er versucht Leah zu töten, um endlich zurückkehren zu können. Da er sich nicht selbst manifestieren kann, schickt er kleinere, schwächere Dämonen, die durch die kleinen Instabilitäten der Welt passen. Und um diese wieder loszuwerden, benötigt Leah die Hilfe eines echten Magiers, Tonys eben. Dieser ist zwar zu einem Magier herangereift, hat aber nur wenig Übung, und da er seine Lehrmeisterin Arra nur kurz kannte, muss er sich durch Arras verschlüsselte Hinweise auf ihrem Laptop kämpfen. Aber auch Leah weiß aufgrund ihrer jahrtausendelangen Erfahrung einiges über das Thema und kann Tony zeigen, wie man mit feinen Runen solche Löcher schließt und Dämonen zurückzuschickt, ohne sich tagelang magisch auszupowern, wie es passiert, wenn man es mit roher magischer Kraft versucht.
Natürlich kann das nicht lange geheim bleiben, zumal Leah seit langem zum ersten Mal blutet. Da ist noch Henry, Aristokrat, Ex-Freund von Tony, Schund- und Liebesromanautor und Vampir, der Tony natürlich beisteht. Aber auch der Teil der Filmcrew, der damals im Horrorhaus fest saß, bekommt schon bald etwas mit und will helfen. Und der Chef ‐ CB ‐ ist so großzügig, seinem frischgebackenen auszubildenen Regieassistenten Tony frei zu geben, damit er Leah beschützt. Selbstverständlich aber gehen die Dreharbeiten weiter ‐ wo sind wir denn? Das Duo der kanadischen Mountys ist ebenfalls informiert seit den damaligen Ereignissen. Sie lassen sich ‐ in ihrer Freizeit ‐ ebenfalls zum Schutz einspannen. Schließlich geht es um nichts anderes als den Untergang ‐ oder zumindest die vollständige Unterdrückung ‐ der Menschheit. Und dann ist da noch der Schmierreporter Kevin Groves, der etwas über den Vorfall mit dem Spukhaus rauszukriegen versucht ‐ und eine ganz unangenehme Eigenschaft hat: Er erkennt, wann die Leute die Wahrheit sagen.
Diese Gruppe versucht also die eingeschlüpften Dämonen auf- (und Grooves von dem was passiert fern-) zuhalten, kostengünstig einige Folgen Darkest Nights zu drehen und die potenziellen Portale zu schließen...
So rasant und irrwitzig, wie das ganze klingt, ist es leider nicht ‐ Tanya Huff muss sich mit ihren beiden Vorgängern messen lassen. Der Roman ist ohne Frage unterhaltsam, locker mit einem schwarzhumorigen Unterton geschrieben und präsentiert einige knackige Ideen, hat aber auch Längen und einen zu vorhersehbaren Plot. Da sind beide Vorgänger deutlich stärker, gerade was Überraschungen und Plot-Twister betrifft.
Die Figurenkonstellation ist hingegen schon gelungen: der homosexuelle Tony, sein Ex-Liebhaber, der Vampir Henry, nicht zu vergessen der andere Ex Zev (verantwortlich für den Soundtrack der Serie) und dann seine große Flamme Lee, Co-Star der Serie und eigentlich hetero. In dieser Hinsicht verschafft sie den Hauptfiguren schon Tiefe, zumal dieser Konstellation das Machoweib Leah als deutlicher Kontrast gegenübergestellt ist, die ein weniger steifes aber auch weniger ernsthaftes Verhältnis zu Liebe und Sex hat. Man könnte sagen: Für ihre Langlebigkeit, ist sie sehr auf kurzfristiges Vergnügen aus... Tanya Huff versteht es aber auch, die Charaktere fortzuentwickeln, neue Seiten aufzuzeigen, ohne Brüche zu riskieren.
Das ganze hat etwas von Seifenopern oder Serien wie Buffy oder Angel. Neben den eigentlichen Herausforderungen (hier: Dämonen und Dämonenlöcher) bewältigen die Prothagonisten zahlreiche Alltagsprobleme. Die Tochter von Chester Bane, Brianna, die im letzten Band ihre magischen Kräfte entdeckte, spielt leider nur kurz am Anfang und am Ende eine Rolle ‐ sehr schade, denn in Band 2 waren ihre Szenen mit die skurillsten, denn eine Sechsjährige hat viele Fragen und stellt sie auch...
Die Reihe hat ein einheitliches Design: obere Hälfte hellgrauer Rauch, untere Hälfte schwarz, der Titel in Großbuchstaben in der gegenteiligen Farbe. Nett, aber F&S hat auch bessere Optiken auf Lager. 444 Seiten sind es geworden zum Preis von 12,95 Euro.
Fazit: Wer die bisherige Reihe mochte, wird auch durch diesen Roman unterhalten, auch wenn er meiner Meinung nach nicht die ganze Originalität und Spritzigkeit der ersten beiden trifft.
Eine Rezension von: Ingo 'Greifenklaue' Schulze https://greifenklaue.wordpress.com/