Quicksand House
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Vom Meister der Bizarro-Fiction Carlton Mellick III, Autor der internationalen Kulthits Satan Burger und Adolf im Wunderland, kommt ein dystopischer Alptraum von epischem Ausmass. "Du darfst das Kinderzimmer niemals verlassen. Wenn du es verlässt, wirst du mit Sicherheit sterben."
Tick und Polly haben ihre Eltern noch nie gesehen. Sie leben im selben Haus wie sie, sie träumen jede Nacht von ihnen, sie sind aus demselben Fleisch und Blut, aber aus irgendeinem Grund haben ihre Eltern seit ihrer Geburt nie die Zeit gefunden, sie auch nur einmal zu besuchen. Die Kinder leben in einer dunklen Ecke des riesigen, verfallenen Anwesens ihrer Eltern und sehnen sich nach dem Tag, an dem sie endlich zum ersten Mal in die liebenden Arme ihrer Mutter genommen werden ... Doch dieser Tag scheint nie zu kommen. Sie machen sich Sorgen, dass ihre Eltern sie schon längst vergessen haben.
Als die Maschinen, die sie mit Nahrung und Wasser versorgen, nicht mehr funktionieren, sind die Kinder gezwungen, das Kinderzimmer zu verlassen und ihre Eltern auf eigene Faust zu suchen. Aber der Rest des Hauses ist viel grösser und seltsamer, als sie es sich je hätten vorstellen können. Die labyrinthartigen Gänge sind dunkel und scheinen endlos zu sein, geistesgestörte Kreaturen lauern in jedem Schatten, und die Leichen längst verstorbener Kinder liegen in den verlassenen Lagerräumen herum. Jede Minute ausserhalb des Kinderzimmers ist ein ständiger Kampf ums Überleben. Und je tiefer sie in das Haus vordringen, desto mehr müssen sie die Geheimnisse um ihre Vergangenheit und die Welt, in der sie aufgewachsen sind, lüften, wenn sie jemals die Eltern treffen wollen, die sie schon immer sehen wollten.
Ich habe zum ersten Mal ein Buch von Carlton Mellick III gelesen. Dieses Buch hat mich besonders angesprochen, weil es sich um die Unberechenbarkeit der Kindheit dreht. In seiner Vorbemerkung erklärt der Autor, dass dieses Buch für ihn sehr persönlich ist, da es seine Gefühle der Angst und Verwirrung, die er als Kind erlebt hat, einfängt. Die Welt ist anders, wenn man jung ist. Situationen und Menschen können sich ohne Vorwarnung ändern. Selbst unsere geliebten Spielzeuge können teuflisch erscheinen, wenn sie denken, dass wir nicht hinsehen. Es gibt so viele Fragen, die unbeantwortet bleiben, und Ungereimtheiten sorgen für Unruhe. Unsere Protagonisten in dieser Geschichte sind drei Geschwister, die von ihrem Kindermädchen in einem Kinderzimmer aufgezogen werden. Sie glauben, dass sie in der Zukunft ihre Eltern treffen und mit ihnen ein neues Leben beginnen werden. Ihre ganze Welt besteht aus dem Kinderzimmer, nur ein paar Zimmer und eine Maschine, die sie mit Essen versorgt. Die jüngste Schwester, die den Spitznamen Leech trägt, ähnelt einer Made und ernährt sich von dem Blut ihres Bruders. Das ist völlig normal. Der junge Rick, auch Tick genannt (jüngere Geschwister haben seltsame, aber passende Spitznamen), kümmert sich gut um seine parasitäre Schwester, während er gleichzeitig ein Auge auf seine ältere Schwester Polly hat. Pollys Geweih ist eingewachsen, und als Heranwachsende erlebt sie furchterregende Wutanfälle. Das Leben geht seinen gewohnten Gang, bis etwas Unerwartetes geschieht. Die Kinder beginnen zu lernen, dass die Dinge nicht so sind, wie sie zu sein scheinen, und sie beschliessen, das Kinderzimmer zu verlassen und das weitläufige Haus, in dem sie leben, zu erkunden. In der Dunkelheit lauern Kriecher, und es werden Lampen mit leuchtenden Miniaturplaneten entdeckt. Die Kinder stellen fest, dass sie in dem kolossalen Haus nicht allein sind, und sehen sich Gefahren und Täuschungen gegenüber, während sie versuchen, ihre Eltern aufzuspüren. Mir gefiel die Phantasie und der Einfallsreichtum, die der Autor in diesen Roman einfliessen liess. Seine Beschreibungen sind zwar sehr klar, aber die Atmosphäre hat etwas Surrealistisches, Verträumtes an sich. Besonders gut hat mir gefallen, dass ich die junge Tick kennengelernt habe, die den Geist der Tapferkeit und der Sanftheit des Herzens in eine ansonsten zweideutige und herausfordernde Realität bringt. Ich kann es kaum erwarten, die Paralleluniversen von Carlton Mellick III zu erkunden.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355