Qiu Xiaolong 99: Särge
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Chefinspektor Chen Cad vom Shanghaier Polizeipräsidium wird von seinen Kollegen in einem rätselhaften Selbstmordfall zu Rate gezogen. Sein Ermittler¸ Hauptmachtmeister Wei¸ leitet die Ermittlungen stellvertretend für Chen.
Der Leiter der Shanghaier Baubehörde¸ Zhou¸ hat sich in einem Hotelzimmer erhängt. Dort stand er unter Arrest¸ dem so genannten Shuanggui. Dies bedeutet extralegales Festsetzen höherer Kader zwecks Befragung durch eine Disziplinarbehörde.
Zhou war ein Zeitungsfoto zum Verhängnis geworden¸ auf dem zu sehen war das er eine sehr teure Zigarettenmarke raucht. Durch eine Menschenfleischjagt¸ eine Hetzkampagne im Internet¸ wurde er zu Fall gebracht. Aber hat er sich deswegen erhängt? Oder soll hier nur gut getarnt ein Mord vertuscht werden?
Chen verfolgt die Ermittlungen von Wei nur halbherzig¸ hat er doch genug andere Dinge zu tun. Seine Mutter liegt nach einem Schlaganfall im Krankenhaus und ihre weitere Pflege muss organisiert werden. Außerdem wurde er zum Vizeparteisekretär befördert¸ auch dies bedeutet mehr Arbeit. Seinem Hobby¸ dem Gedichteschreiben¸ kann er daher nur selten nachgehen. Im Zuge einer Veranstaltung des Schriftstellerverbandes lernt er die bezaubernde Journalistin Lianping kennen. Sie hilft ihm bei den Ermittlungen im Falle Zhou und kommen sich näher. Als Hauptwachtmeister Wei bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben kommt¸ glaubt Chen nicht an einen Unfall sondern geht von Mord aus. Aber was hat Wei entdeckt¸ was ihn das Leben kostete. Die Ermittlungen dringen so immer weiter in die korrupte Geschäftswelt Chinas ein.
Auch wenn die Story einem keine Gänsehaut verursacht ist sie unheimlich sympathisch und dadurch fesselnd geschrieben. Einmal angefangen liest man immer wieiter bis die Geschichte schlüssig endet. Die Hauptcharaktere sind sehr authentisch dargestellt und man merkt dem Autor seine Geschichte sofort. Unheimlich gut gefallen haben mir die vielen Gedichtauszüge¸ die immer mal wieder zitiert werden und die kleinen geschichtlichen Ausflüge rund um China. Ich konnte mir vieles bildlich vorstellen obwohl ich zu China so gar keinen Bezug habe. So lernt man beim Lesen auch noch etwas dazu. Mit seinen knapp 300 Seiten ein kurzer und sehr unterhaltsamer Lesespaß. Einzig etwas gestört hat mich manchmal die fast schon heldenhafte Verehrung um die Person des Oberinspektors Chen. Irgendwie hat er bei jedem einflussreichen Geschäftsmann etwas gut und wird von jedem geschätzt und geliebt.
So verfällt ihm auch Lianping¸ aber sie muss sich entscheiden ob sie nicht doch den Heiratsantrag ihres langjährigen Freundes annimmt¸ der wohlhabend ist und sie damit versorgen könnte. Hier spielt dann Kopf gegen Herz. Und so kommt auch die Romantik nicht zu kurz.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355