Ohnmächtigen
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Der wichtigste Mensch erscheint in der Person des Meteorologen Wadim. Wadim ist in der Lage¸ Menschenmassen und ihre Entscheidungen vorherzusagen. Mit diesen Vorhersagen ist er in der Lage¸ die Entscheidungen der Menschen zu steuern. Die Politmafia versucht Wadim einzuschüchtern. Ihnen ist sehr daran gelegen¸ seine Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten kennen zu lernen. Seine Möglichkeiten die Welt zu ändern liegen darin¸ eine Änderung der Gegenwart durchzuführen und die sich daraus resultierende Zukunft zu erkennen. Wadim kann aber nur in die Zukunft sehen¸ aber keine Änderungen bewusst herbei führen. Die Änderungen müssen andere veranlassen. Wenn er jedoch in der Lage ist¸ die Manipulationen zu steuern¸ wird er der wichtigste Mann für die Politik. Die Politik steht in der Person eines Ajatollah. Bei den bevorstehenden Wahlen in Sankt Petersburg will er die Gouverneurswahl durch de Menschen in seinem Sinn gelenkt haben.
Mit dem Roman DIE OHNMÄCHTIGEN stellt uns Boris seinen zweiten Roman seit dem Tod seines Bruders Arkadi vor. Die Brüder gehörten in der ehemaligen UdSSR zu den meist gelesenen Autoren¸ die es auch schafften¸ international bekannt zu werden. Ihre phantastischen Erzählungen haben oft einen ironischen Unterton. Wie auch im vorliegenden Band sparten die Autoren nie mit Sozialkritik. Gerade in der jetzigen Zeit¸ wo der Ex-Geheimdienstchef und heutiger Präsident Russlands¸ Putin¸ an der Macht ist¸ scheint es angeraten zu sein¸ vorsichtig zu schreiben. Daher kann ich den deutschen Titel¸ DIE OHNMÄCHTIGEN¸ gut verstehen. Der größte Teil der russischen Bevölkerung wird sich heute genau so fühlen. Mit dem Zusammenbruch des alten UdSSR-Regimes schien es eine freier Zeit zu geben¸ doch heute muss wieder sehr vorsichtig geschrieben werden. Das zeigt sich an der Handlung¸ die diesem Buch zugrunde liegt. Für einige Leser entsteht sicherlich der Eindruck einer flachen kaum spannenden Erzählung vor sich zu haben. Werfen wir einen Blick auf Boris Strugatzkis erstes Solowerk¸ DIE SUCHE NACH DER VORHERBESTIMMUNG¸ finden wir den Beginn seines Themas¸ ohnmächtig der politischen Macht ausgeliefert zu sein. Gerade die Wissenschaftler und anderen Intellektuellen erkennen die Gefährlichkeit des freien Wortes wieder. Aus diesem Grund wird der bestehende Roman als eine Parabel bezeichnet. Wer sich ein wenig mit der russischen Politik auskennt¸ wird aber mehr als nur die Parabel erkennen. Anderen Lesern wird das Land in der Beschreibung des russischen Wissenschaftlers fremd bleiben. Da fehlt von seitens des Autors doch ein wenig mehr Beschreibung. Leider bleibt auch Sankt Petersburg etwas farblos. Dennoch¸ der Roman ist lesenswert¸ glänzt mit Ideen und unterschwellig mit Ideologien.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355