Dies ist eine Rezension aus dem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Im internationalen Netz erscheinen seit einiger Zeit geheimnisvolle Filmclips. Diese Clips erscheinen auf immer wieder neuen Servern¸ so dass zuerst eine langwierige Suche nach ihnen gestartet werden muss. Es sei denn¸ man kennt jemanden¸ der jemanden kennt¸ der schon heraus fand¸ auf welchem Server der neue Clip schlummert. Auch Cayce Pollard wartet tagtäglich auf den mittlerweile kultigen Film in Einzelteilen. Als hochbezahlte Marketing-Beraterin sieht sie jedoch mehr in diesen Filmschnipseln als andere Betrachter. Ihre Suche ergeben sehr gefährliche Hinweise auf ein unbekanntes Machtzentrum. Während sie in London einen Auftrag ausführt¸ wird ihr gleichzeitig ein weiterer Job angeboten. Sie¸ die sich sowieso mit den Filmclips beschäftigt¸ soll den geheimnisvollen Filmstücken nachforschen. Bald bemerkt Cayce¸ hinter diesem Auftrag steckt mehr. Sie wohnt übergangsweise bei einem Bekannten in London¸ da sie noch keine eigene Bleibe hat und ihr erster Auftrag sich auf etwa sechs Monate verlängert. Unbekannte brechen in dieser Wohnung ein und hacken sich in ihren Rechner ein. Sie suchen Daten und Namen und können unerkannt entkommen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird der Marketing-Beraterin klar¸ sie lebt in London auf einem gefährlichen Strassenpflaster. Es geht anscheinend mehr als nur um die Filmclips¸ die weiterhin im Netz verteilt werden. Sie folgt der Spur im Netz. Ihre Wege führen nach Japan und Russland ohne wirklich zu einem Ziel zu führen. Gleichzeitig erfährt sie mehr über ihren Vater Win Pollard. Er¸ der wahrscheinlich für den CIA arbeitete¸ gilt seit dem 11. September 2001 als tot. Bei ihrer Suche nach Antworten findet sie einige die auf das Schicksal¸ das wahre Schicksal¸ ihres Vaters hinweisen. Irgendwann findet sie heraus¸ doch nichts über den genauen Tod ihres Vaters zu wissen. Dieses Ergebnis ist weniger zufriedenstellend. Zufriedenstellender sind jedoch die Informationen über den Filmemacher oder besser gesagt über die beiden Filmemacherinnen. Die ‚New York Times’ wird im Zusammenhang mit dem neuen Buch von William Gibson folgendermassen zitiert: ‚Vielschichtig¸ gestochen scharf - William Gibson schreibt Thriller über unsere Welt im Zeitalter der Globalisierung’. Nun sollte man wissen¸ dass William Gibson seit sieben Jahren KEIN Buch veröffentlichte. Sein vorliegendes Buch Mustererkennung ist im Vergleich zu früheren Büchern ein wenig ruhiger geworden. Sein messerscharfer Verstand hingegen fand keine Ruhe. Das Buch lebt davon¸ in vielen Andeutungen zu schwelgen. Nur langsam findet man in die¸ meines Erachtens etwas schwerfällige¸ Übersetzung hinein und folgt der Handlung. Dahingegen ist Cayce Pollard eine Person¸ die er sehr genau¸ fast zu intim¸ schildert. Manchmal gewinnt der Leser den Eindruck¸ sich selbst in der Marketing-Beraterin wiederzufinden. Dieser Zustand hält nicht lange vor¸ wirkt etwas verwirrend und macht süchtig nach mehr¸ bis man endlich am Schluss des Buches angekommen ist. Selbst dann überlegt der Leser¸ ob er alles genau gelesen hat und nicht doch wieder von vorn beginnt. Zumindest ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren¸ etwas verpasst zu haben. Aber nicht im negativen Sinn. Eines dder besten Bücher¸ die ich in diesem Jahr gelesen habe.