Mission Clockwork: Gefahr für das britische Empire

Dies ist eine Rezension aus

Der phantastische Bücherbrief

dem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber.

Im Mittelpunkt der Erzählung steht der entstellte Modo. In Frankreich als hässlicher und verwachsener Gnom zu Schau gestellt ist sein zukünftiges leben nicht gerade auf der Erfolgsleiter zu finden. Modo wird bereits im Babyalter von einem Jahr vom kaltherzigen¸ harten und zielgerichtet lebenden Mr. Sokrates¸ dem mächtigen Geheimdienstchef¸ bei herumreisenden Zigeunern entdeckt. Modo erweckte das Interesse von Mr. Sokarates¸ weil er in der Lage ist¸ sein Gesicht und seinen verkrüppelten Körper mittels Willenskraft so zu verändern¸ dass er jede beliebige menschliche Gestalt annehmen kann. Im Alter von fünf Jahren¸ er kann inzwischen lesen und schreiben¸ darf er zum ersten Mal sein Gesicht im Spiegel sehen und zerbricht fast an seiner eigenen Hässlichkeit. Erst im Alter von dreizehn Jahren ist seine Ausbildung vorläufig beendet. Jetzt ist Modo soweit¸ auf den dunklen Strassen von London Aufgaben zu übernehmen. Unter all den verwahrlosten Jugendlichen ist er nur einer unter vielen und niemand käme auf die Idee¸ dass dieses Kind für den britischen Geheimdienst tätig ist. Sein erster Auftrag lautet¸ er soll die Clockwork Guild aufspüren und das Geheimnis einer geheimnisvollen Maschine aufdecken. Hinter der Maschine steckt Doktor Cornelius Hyde¸ ein intelligenter¸ ja fast genialer Wissenschaftler. Doktor Hydes Eingriffe in die menschliche Natur zur Erschaffung einer Mensch-Maschine wirken sehr überzeugen und teils gruselig. In der Hauptsache werden wehrlose Wesen für die Experimente herangezogen¸ die in der Regel aus Tieren und Kindern bestehen. Bereits auf den ersten Seiten erfahren wir¸ dass er mit seinen Hunden in einem Kellerversteck Experimente durchführt¸ weil er von Gesetz und Gesellschaft verachtet¸ ja sogar gesucht wird. Aber wir erfahren auch von einer unbekannten Schönheit¸ der kaltblütigen und ebenso skrupellosen Schwedin Ingrid Hakkandottir¸ von einer geheimen Gruppe¸ die ihn gern unterstützt.

Modo ist jedoch nicht allein auf der Strasse unterwegs. Ihm zur Seite steht die ehemalige Taschendiebin Octavia. Die beiden Jugendlichen sollen einen Anschlag auf die Regentschaft von Königin Viktoria durch die ominöse Clockwork Guild aufdecken und verhindern.

Der kanadische Autor Arthur Slade schuf mit Gefahr für das britische Empire einen rasanten und sehr spannenden Auftakt zu einer vierteiligen Steampunk-Reihe.

Arthur Slade scheint eine Vorliebe für klassische Literatur zu haben. Dr. Jekyll von R. L. Stephenson ist vertreten und stellt die klassische Version des verrückten Wissenschaftlers dar. Modo sieht aus wie der Klöckner von Notre Dame des französischen Schriftstellers Viktor Hugo. Mit seiner Eigenschaft sich zu verändern¸ ist Modo zudem der beste Agent¸ den man sich vorstellen kann. Modo und Octavia ergänzen sich mit ihrem trockenen und schwarzen Humor¸ sondern stellen mit ihrer gegensätzlichen Vergangenheit auch zwei Gegenpole dar. Octavia lebte jahrelang als Taschendiebin in den Londoner Strassen gelebt¸ bevor sie in die Dienste von Mr. Sokrates eintrat. Der Leser erfährt lediglich in geringen Ansätzen Einzelheiten aus ihrer Vergangenheit und lässt sie daher noch geheimnisvoller wirken.

Arthur Slade gelang mit "Mission Clockwork&quuot; der fabelhafte Auftakt einer neuen Serie¸ die ein fantastisches Steampunk-Abenteuer darstellt. Alles verpackt in einem wundervollen¸ historisch glaubhaften viktorianischen Ambiente. Die in die Erzählung eingearbeiteten Hintergründe¸ der Welt¸ wie die der Figuren¸ steigert die Glaubwürdigkeit. Gleichzeitig können auf diese Weise die Handlungsträger den Lesern gegenüber noch lebendiger wirken. Dergestalt ist man schnell bereit¸ die Wirklichkeit ausserhalb des Romans in Vergessenheit sinken zu lassen und selbst in das Buch und die fesselnde Handlung einzutauchen. So folgt man Arthur Slades aussergewöhnlichen Figuren in die dunklen Strassen Londons.

Ich kann das Buch jedem empfehlen¸ zu einem Ausflug in eine aberwitzige Steampunk-Welt.

Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355