Meisterwerke der dunklen Phantastik 3: Ein Neffe aus venezianischem Glas
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Die Tochter des Juristen und späteren US Solicitor General Henry M. Hoyt und Enkelin des Gouverneurs von Pennsylvania Henry Hoyt schloss ihre Schulausbildung 1904 an der Holton-Arms School in Washington¸ D.C. 1906 brannte sie mit dem Studenten an der Harvard University Philip Simmons Hichborn¸ Sohn eines Konteradmirals¸ durch und heiratete diesen am 13. Dezember 1906. 1910 verließ sie Hichborn wegen Horace Wylie und heiratete diesen 1916. Die Trennung von seiner Frau war letztlich Auslöser für den Suizid Hichborns im Jahr 1912. 1921 gab sie ihr schriftstellerisches Debüt mit der Anthologie Nets to Catch the Wind und gewann dafür den Julia Elsworth Ford Prize. Nach der Scheidung von Wylie heiratete sie im Oktober 1923 in dritter Ehe den Dichter William Rose Benét. Nach dem Gedichtband Black Armour (1923 erschienen die höchst individuellen Romane Jennifer Lorn (1923¸ The Venetian Glass Nephew (1925¸ The Orphan Angel (1926¸ der von Percy Bysshe Shelley und Mary Shelley handelt¸ sowie Mr Hodge and Mr Hazard (1928. Nach ihrem Tode erschienen drei weitere Anthologien mit den Titeln Angels and Earthly Creatures (1929¸ Collected Poems (1932 sowie Collected Prose (1933. Während ihre Romane fantasievoll und künstlich wirkten¸ waren die Gedichte knapp¸ direkt und positiv geschrieben.
Damit ist die Autorin erst einmal ausführlich vorgestellt. In Deutschland dürfte sie nicht sonderlich bekannt sein¸ auch wenn sie u.a. im Lexikon der phantastischen Literatur von Rein A. Zondergeld erwähnt wird.
Das Buch handelt von Peter Innozenz Bon¸ seines Zeichens Kardinal¸ dessen Wege wieder nach Venedig führen und der sich als recht naiv herausstellt. Gleichzeitig stellt sich dann jedoch die Frage¸ wie er den Posten eines Kardinals erhalten konnte. Wie dem auch sei¸ der venezianische Glasbläser Alvise Luna und Monsieur de Chastelneuf¸ den Chevalier de Langeist¸ versuchen den Kardinal um einiges seines Geldes zu erleichtern. Der Kardinal hätte so gern einen natürlichen Verwandten¸ einen Neffen¸ aber irgendwie hat das in seiner Familie nicht hingehauen. Stattdessen erwirken der Glasbläser und der Magier einen Zauber¸ der einen jungen Mann erschafft¸ mit einem gläsernen Herzen. Weil dieser Zauber nicht am Donnerstag¸ sondern an einem Freitag stattfand¸ ist er mit seinem Herzen fähig¸ Gefühle zu erzeugen und wahrzunehmen.
Wie bei allen alten Büchern ist es die Sprache¸ die mich fasziniert. Damals ging man mit ihr¸ gerade literarisch¸ ganz anders um als heute. Bei vielen Fantasy-autoren wird eine gestelzte Sprache eingesetzt¸ die an "altertümlich" erinnern soll¸ ohne es je gewesen zu sein. Dann wiederum gibt es Bücher wie diese. Ich zolle Andreas Schiffmann meinen ganze Respekt¸ dass es ihm gelang die alte amerikanische Sprache so zu übersetzen¸ wie es alte deutsche Sprache gewesen ist. Alles in Allem ist das Buch lesenswert¸ wenn man sich an die Ausdrucksweise und den langatmigen Erzählstil gewöhnt hat.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355