Mathilda oder irgendwer stirbt immer
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Meine Mutter liebt ja die Romane von Dora Heldt, ich stehe bekanntlich mehr auf Krimis. Wie passend, dass Dora Heldt in diesem Buch beide Genre verbindet und so von uns beiden begeistert gelesen werden kann. Und ich muss sagen, ich habe selten einen so unterhaltsamen und witzigen Krimi in den Händen gehalten. Mal was ganz anderes als die blutigen Thriller bei mir im Schrank, aber absolut lesenswert.
Mathilda, Ehefrau, Mutter und Oma von Zwillingen, liebt ihr Landleben in Dettebüll. Ruhig und beschaulich betreibt sie mit ihrem Mann Gunnar den kleinen Bauernhof mit einer Gänsezucht. Jede Woche bekommt sie mittels Klatsch-zeitschriften das Neueste aus den königlichen Familien Europas frei Haus und kann dann beim Spaziergang mit Hund George diesen Klatsch mit der Nachbarschaft diskutieren. Ihre Kinder sind nach Hamburg und Umgebung gezogen, Sohn Max scheint frisch verliebt und Tochter Nele glücklich mit einem vermögenden Zahnarzt verheiratet. So könnte es in Mathildes Heimat doch ewig weitergehen ... wenn sich da nicht doch ein paar kleine Wolken am Himmel abzeichnen würden. Zum Einen ist da Mathildes Mutter Ilse, ein Drachen wie er schlimmer nicht sein könnte, barsch und ungerecht. Da Hof und Land Ilse gehören und sie ihre Tochter dort nur gnädigerweise mit Mann wohnen lässt, macht sie den Beiden das Leben zur Hölle. Sie kann ihrer Tochter einfach nicht verzeihen, dass diese einen Polen geheiratet hat. Ausgerechnet einen Ausländer, welch eine Schande. Mit ihrer selbstgerechten Art hat sie die Familie von Mathilda vergrault. Ihr Bruder Pit geriet auf die schiefe Bahn, lebt zwielichtig in Hamburg und verdient sein Geld mit einer düsteren Kneipe und krummen Geschäften. Sohn Alex traus sich nicht, seine neue Liebe, eine Polin, mit auf den Hof zu bringen und Tochter Nele braucht verzweifelt Geld, da ihr Zahnarztmann die Scheidung fordert. Diese Probleme könnten alle gelöst sein, wenn Ilse nicht mehr wäre ... Und auch weitere dörfliche Probleme mit einem untreuen Nachbarn und einem korrupten Bürgermeister treiben Mathilda umher. Sie muss eine Lösung finden, damit ihr familiärer Frieden und der der Dorfbewohner wieder hergestellt wird. Eine Verkettung unglücklicher Ereignisse bringt dann alle Beteiligten nach Dettebühl. Bruder Pit hat sich mit den falschen Drogenbossen angelegt und reist nebst chinsesicher Kneipenhilfe Bei Ling an, die allerdings ein falsches Spiel zu spielen scheint, um unterzutauchen. Nele kommt mit den Zwillingen und verknallt sich in ihren Jugendfreund Robert, Max reist mit polnischer Freundin samt polnischer Mutter an und auch Schwager Pape, mit dem Mathilda so lange keinen Kontakt pflegte, erscheint wieder auf der Bildfläche. Bevor hier das Chaos überhand gewinnt, muss Mathilde schnellstens für Ordnung sorgen. Dass dabei der eine oder andere Dorfbewohner das Zeitliche segnet, dafür kann doch Mathilde nichts, oder ? Sie ist einfach immer zur falschen Zeit am falschen Ort, oder eben zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Seis drum, sie sorgt dafür, das es nach diesem Sommer wieder genau so wird, wie sie es sich ausgemalt hat, nämlich ruhig und beschaulich.
Ich liebe den Schreibstil von Frau Heldt. Von der ersten Zeile an konnte ich mir Mathilda, den Bauernhof und das Dorfleben so lebhaft vorstellen, als würde ich selbst dort stehen und über den Gartenzaun schauen. Da ich selbst in einem 120 Seelen Dorf groß geworden bin, kann ich nur bestätigen, dass es dort genaus so zuging. Vielleicht mit nicht ganz so vielen unglücklichen Todesfällen, aber mit mindestens genau so viel Tratsch und Intrigen, aber auch genauso viel selbstgebackener Donauwelle! In diesem Sinne: backt einen Kuchen und fangt an, dieses Buch zu lesen! Es lohnt sich Beides !! Susanne Schreiber
Eine Rezension von: Susanne Schreiber