Mars 1
Die erste bemannte Mars-Expedition landet recht glücklich¸ doch der Halbindianer Jamie Waterman ist nicht wegen der schönen roten Steine hergekommen. Er sucht vielmehr die kleinen grünen Männchen. Und es sieht ganz so aus¸ als hätte er sie gefunden. Zumindest ihre Spuren!
Dies ist der erste Roman eines gigantischen Zyklus¸ der die Eroberung des Sonnensystems beschreibt¸ stilistisch jedoch die Rückkehr ins Goldene Zeitalter der amerikanischen SF darstellt¸ also in die vierziger und fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts.
Der Autor
Ben Bova ist schon über 70 (Jahrgang 1932) und ein verdammt erfahrener Bursche. 1956 bis 1971 arbeitete er als technischer Redakteur für die NASA und ein Forschungslabor¸ bevor er die Nachfolge des bekanntesten Science-Fiction-Herausgebers aller Zeiten antreten durfte¸ die von John W. Campbell. Campbell war die Grundlage für das "Goldene Zeitalter der Science-Fiction"¸ indem er mit seinem Magazin "Analog Science Fiction" jungen Autoren wie Asimov¸ Heinlein¸ van Vogt und anderen ein Forum gab. Hier entstanden der "Foundation"-Zyklus und andere Future-History-Zyklen.
Für seine Herausgeberschaft von Analog wurde Bova sechsmal (von 1973-79) mit einem der beiden wichtigsten Preise der Science-Fiction ausgezeichnet¸ dem Hugo Gernsback Award. Von 1978-82 gab er das Technik-&-Fiction-Magazin "Omni" heraus. 1990-92 sprach er für alle Science-Fiction-Autoren Amerikas in seiner Eigenschaft als Präsident der Berufsvereinigung. Seit 1959 hat er eigene Bücher veröffentlicht¸ die sich oftmals an ein jugendliches Publikum richten¸ darunter die Kinsman- und Exiles-Zyklen.
Ebenso wie Robert A. Heinlein und Larry Niven ist Bova ein Verfechter der Idee¸ dass die Menschheit den Raum erobern muss¸ um überleben zu können. Und dies wird nur dann geschehen¸ wenn sich die Regierung zurückzieht und die Wirtschaft den Job übernimmt. Der Brite Stephen Baxter hat in seiner Multiversum-Trilogie diese Idee aufgegriffen und weiterentwickelt.
1992 begann Bova mit der Veröffentlichung seines bislang ehrgeizigsten Projekts: die Eroberung des Sonnensystems in möglichst detaillierter und doch abenteuerlicher Erzählform. Folgende Bände sind bislang erschienen:
1) Mars;
2) Rückkehr zum Mars;
3) Venus;
4) Jupiter;
5) Der Asteroidenkrieg (The Asteroid Wars 1: The Precipice);
6) Asteroidensturm (The Asteroid Wars 2: The Rock Rats);
7) Asteroidenfeuer (The Asteroid Wars 3: The Silent War; deutsche Fassung im September 2005);
8) Saturn.
Es fehlen also noch Romane über die äußeren Planeten Neptun¸ Uranus und Pluto. Merkur¸ der innerste Planet¸ wurde bislang ebenfalls nicht berücksichtigt.
Diese Auswärts-Bewegung spiegelt sich im Werk anderer Science-Fiction-Autoren. So hat der Schotte Ken MacLeod mit "Das Sternenprogramm"¸ "Die Mars-Stadt" und "Die Cassini-Division" einen ähnlichen Zyklus vorgelegt. Allerdings ist seine politische Überzeugung der Ben Bovas genau entgegengesetzt: MacLeods Figuren sind Sozialisten¸ Kommunisten und Anarchisten!
Handlung
In einem der nächsten Jahrzehnte gelingt es der internationalen Gemeinschaft¸ zwei Raumschiffe zum Mars zu schicken. Die Landung eines Dutzends Wissenschaftler und Piloten gelingt ohne Probleme. Erste Proben fördern Wasser im Boden zutage¸ und in einem breiten Graben¸ dem bekannten Valles Marineris (die Täler des Seefahrers - sehr lustig!) findet der Halbindianer James Waterman ein relativ feuchtes und warmes Mikroklima. Hier könnte es Leben geben. Er meint sogar¸ ein in den Fels gebautes Dorf zu erkennen.
Zusammen mit dem wichtigsten Befürworter der Mars-Expedition¸ Alberto Brumado¸ setzt er die Erforschung des Grabens durch. In einer waghalsigen Aktion begeben sich die Wissenschaftler auf den Grund des tiefen Canyons. Allerdings erweist sich der Rückweg als weitaus gefährlicher.
Wird es weitere Mars-Expeditionen geben? Die US-Vizepräsidentin ist strikt dagegen: viel zu teuer. Der Mars ist tot. Von den Politikern kämpft nur Brumado¸ der brasilianische Visionär¸ für eine Zukunft der Mars-Erkundung. Alles hängt davon ab¸ ob es gelingt¸ auf dem roten Planeten Leben zu finden.
Mein Eindruck
Ben Bova gelingt in seinem Roman die ausgewogene Mischung aus wissenschaftlichem Abenteuer¸ menschlichem Drama und politischen Manövern. So treffen mathematische Logik¸ romantische Gefühle und politisches Kalkül im gleichen Buch aufeinander.
Die lebendig gezeichneten Charaktere treiben die Handlung voran¸ vor allem Jamie Waterman¸ der mit zahlreichen Vorurteilen zu kämpfen hat. Sein bester Moment: Als er die Erdbewohner mit einer langen¸ vorbereiteten Rede von der Marsoberfläche grüßen soll und er lediglich den kurzen indianischen Gruß "Ya'aa'tey!" hervorbringt (als würde man in Texas "howdy!" sagen). Und dafür werden ihm auch noch subversive indianische Absichten unterstellt!
Die Handlung bleibt buchstäblich bis zur letzten Seite spannend¸ als die Expedition endgültig zu scheitern droht. Ab etwa Seite 300 ist es praktisch unmöglich¸ den Roman aus der Hand zu legen. Die Übersetzung durch Martin Gilbert ist an sich einwandfrei. Allerdings setzt er ein wenig Grundwissen über Raumfahrt und Astronomie beim deutschen Leser voraus.
Eine Rezension von: Michael Matzer http://www.buchwurm.info/