Magic Edition 2: Jahrtausendflut
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Das Chaos vor Augen¸ lässt der Autor eine sechsköpfige Gruppe stellvertretend für die Menschheit den Überlebenskampf ausfechten. Der Wissenschaftler Brand Caravel ist der Wissenschaftler schlechthin. Er steht eindeutig für den geistig hochstehenden Menschen¸ in dessen Lebensmittelpunkt das Streben nach Wissen und Weisheit steht. Er will die Natur der Welt verstehen um in ihr leben zu können. Brand scheitert jedoch an seiner eigenen Ausbildung. Seine Fähigkeiten die Natur zu verstehen reichen nicht aus¸ in ihr zu überleben. Der Unternehmer Ashley Garland ist eindeutig der machtbesessene Mann¸ der seine Mitmenschen bis ins Kleinste kontrollieren und beherrschen will. Er lebt nach der Bibel¸ macht euch die Erde¸ und zusätzlich die anderen Menschen¸ untertan. Sein hemdsärmeliger Einsatz von körperlicher und geistiger Stärke scheint geeignet zu sein¸ die kleine Gruppe dazu zu bringen¸ in der feindlich gewordenen Umwelt zu überleben. Doch auch er scheitert. Der Pfadfinder Jimmy Haggard sucht die Anpassung an die Natur. Er will sie sich weder untertan machen¸ noch will er sie wirklich verstehen¸ er will mit oder besser¸ in ihr leben. Die Harmonie zwischen sich und der Natur¸ das seelische und geistige Gleichgewicht ist das Ziel seiner Suche. Jimmy Haggard scheitert jedoch an der Urgewalt der Natur. Er hat keine Chance¸ sich wirklich mit ihr zu arrangieren. Keine der drei Vertreter der unterschiedlichsten Weltanschauungen zeigt sich der Herausforderungen des Autors gewachsen. Und letztlich Camilla Blackthorne und ihre Eltern. Gemeinsam sind sie eine bunt gemischte Gruppe unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft. Auf der Flucht vor der Riesenwelle und der nachfolgenden Flut verlassen sie die Metropole New Agros. Gleichzeitig suchen sie die Einsamkeit¸ wo sie vor den ebenfalls flüchtenden Menschenmassen aus der Metropole geschützt sind. Gleichsam mit der Flucht in die gar nicht mehr so einsame Wildnis geht auch ein Verlust der Zivilisation einher. Der Mensch lässt nicht nur die Technik hinter sich¸ sondern auch seine Menschlichkeit und die Errungenschaften des sogenannten zivilisierten Lebens. Schnell entwickeln sich in der Gruppe zwei führungswillige Persönlichkeiten. Auf der einen Seite steht der skrupellose Unternehmer Ashley Garland. Hier verfällt der Autor wieder in das Klischee¸ Geld regiert die Welt. Dem gegenüber steht der moralisch höher stehende Wissenschaftler Brand Caravel. Zudem möchten alle drei Männer vor der attraktiven Tochter der Blackthornes eine gute Figur machen. Sie ist die einfache Verkörperung des Eva-Prinzips¸ die einzige 'freie' Frau der Gruppe¸ die jeder Mann für sich beanspruchen will. Der Roman beschreibt gekonnt¸ die Veränderungen einer Welt und die darauf folgenden Reaktionen des Menschen. Thema ist die zunehmende Verrohung des Menschen. Recht und Gesetz verlieren ihre Gültigkeit. Überleben wird¸ vielleicht¸ der rücksichstlosere Mensch¸ das Recht des Stärkeren zählt. Zusammenfassend kann man sagen¸ der Mensch fällt in der Entwicklung zurück¸ ein negativer Darwinismus setzt ein. Mit dem Rückzug in die Natur setzt auch ein Rückzug in eine Art gesetzlosen Raum ein.
Das Buch ist durch die Modernisierung zeitlos aktuell. Es hinterlässt bei mir aber dennoch einen zwiespältigen Eindruck. Zeitkritisch gesehen ist es durchaus gelungen. Logisch gesehen komme ich nicht ganz zum gleichen Schluss. Das wirkt sich auf meinen Lesespass aus.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355