Lehmann
"Ich war mit Geordie Craggs zusammen wie immer damals. Wir taten großspurig wie immer¸ wir lachten und rissen Witze wie immer. Wir ließen eine Zigarette hin und her gehen¸ zogen abwechselnd daran und pusteten lange Rauchfäden in die Luft. Gerade waren wir noch in der Kirche gewesen. Jetzt waren wir unterwegs zu Braddocks Garten. Auf der Watermill Lane fuhr knatternd ein rotes Taxi an uns vorbei. Es stieß schwarze Abgaswolken aus. Auf dem Taxischild am Dach stand¸ dass es von der Küste kam.
"Was will der denn hier?"¸ sagte Geordie."
Davie wächst Anfang der Sechziger in einem katholischen Ort in Nordengland auf. Zusammen mit seinem Freund Geordie heckt er Streiche aus¸ sie sind Messdiener in der Kirche¸ prügeln sich mit den protestantischen Jungs aus der Nachbargemeinde und eigentlich gäbe es wenig zu berichten. Bis Stephen auftaucht.
Der übt eine merkwürdige Anziehung auf Davie aus. Er lebt bei seiner Tante¸ der verrückten Mary¸ denn sein Vater ist tot und die Mutter darüber wahnsinnig geworden. Stephan kann aus Lehm Figuren formen¸ die aussehen¸ als seien sie lebendig und wenn sich Davie und er sehr bemühen¸ dann¸ ja dann¸ bewegen sie sich wirklich.
Eines Tages beschließen sie eine lebensgroße Figur in der alten Lehmgrube zu formen und sie lebendig werden zu lassen.
David Almond hat schon mit Feuerschlucker einen poetischen Roman aus den Sechzigern vorgelegt¸ der ebenfalls im katholischen Milieu spielte. Auch das neue Buch liest sich poetisch¸ kann die ganz eigene Stimmung des Milieus seiner Zeit einfangen¸ ist stilistisch glänzend geschrieben. Und dennoch. Ganz überzeugen kann es nicht¸ weil Almond hier anders als im "Feuerschlucker" es nicht schafft¸ seine Leser in die Geschichte zu ziehen. Denn trotz der unheimlichen Ereignisse scheint es merkwürdig gleichgültig zu lassen und so bleibt es zwar ein gutes Buch¸ doch eines von denen¸ an denen sich zwar nichts zu kritisieren findet¸ aber auch nichts¸ das so richtig im Gedächtnis bleibt.
Eigentlich schade¸ denn das Thema¸ die Figuren und die Fähigkeiten des Autors hätten das Potenzial für eine gleichermaßen gruselige wie literarische Geschichte bilden können.
Eine Rezension von: Hans Peter Röntgen http://www.textkraft.de