Land für Helden 1: Flucht in die Wälder
Eine Welt mit alternativem Geschichtsverlauf schildert der neuseeländische Autor Phillip Mann. Im 1. Band der Tetralogie Ein Land für Helden werden drei junge römische Bürger Britanniens zu Geächteten und Ausgestoßenen ‐ der Beginn ihres Widerstandskampfes und des Untergangs des Römischen Weltreiches.
Handlung
Die römischen Legionen haben Britannien nach seiner Eroberung nie wieder verlassen¸ vielmehr haben sie auch noch den Rest der Welt erobert. Doch mittlerweile¸ nach 2000 Jahren Unterdrückung¸ regt sich gehöriger Widerstand¸ kommen ketzerische Sozialthesen über Freiheit auf. Als einem der ersten Orte kommt es in Waitangi/Aotearoa¸ das wir als Neuseeland kennen (witzigerweise die Heimat des Autors)¸ zu einem ersten größeren Aufstand¸ der die römischen Siedler aus dem besetzten Gebiet wirft. Auch Afrika ist nicht mehr sicher¸ und Asien schon gleich gar nicht. Nachdem auch der 19. Julius Caesar¸ der Imperator¸ gestorben ist¸ steht das römische Weltreichs vor einer Krise. Im 1. Band bekommen wir nur den Anfang dieser Krise zu sehen.
Stellvertretend für viele Ereignisse an Brennpunkten des Weltreichs richtet der Erzähler unseren Blick auf Britannien¸ genauer gesagt auf York¸ das immer noch Eburacum heißt. Es ist eine römische Insel der Zivilisation¸ umgeben von tiefen Wäldern¸ in denen die keltischen Ureinwohner leben wie eh und je.
Der junge römische Offiziersanwärter Viti Ulysses¸ der junge britische Mechaniker Angus MacNamara und dessen Freundin Miranda¸ eine junge Britin aus Eburacum¸ finden sich durch mehrere Schicksalsschläge vereint. Nachdem nämlich der durch eine Niederlage in der Arena frustrierte Viti sich im Suff an Miranda vergangen hat¸ will Angus den Missetäter durch einen fingierten Unfall umkommen lassen.
Doch der mit einer der Kampfmaschinen aus der Arena arrangierte Anschlag schlägt fehl. Vielmehr ist Angus als Attentäter bloßgestellt. Erstaunlicherweise ergreift Viti¸ das Opfer¸ jedoch nicht Partei gegen Angus¸ sondern tötet die Wachen¸ die Angus angreifen. Mit Miranda im Schlepptau flüchten die beiden Männer aus der Arena in die undurchdringlichen Wälder.
Bei den Kelten finden die drei Flüchtigen Obdach in einem Dorf. Aufgenommen in die Gemeinschaft¸ arbeiten sie alle entweder für Kost und Logis im Gasthaus oder ‐ wie Angus ‐ für das Gemeinwohl. Als der Kämpfer Gwydion eintrifft¸ verliebt sich Miranda bis über beide Ohren in ihn¸ was die beiden Männer ziemlich frustriert. Ein keltischer Barde zieht durchs Dorf und ebenso ein ketzerischer römischer Philosoph. Als römische Sturmtruppen das Dorf angreifen¸ um Viti zu verhaften¸ kommt es zu einem mörderischen Kampf ...
Mein Eindruck
Obwohl der Autor-Erzähler den Leser nett an der Hand nimmt¸ wie es Autoren zuletzt zu Queen Victorias Zeiten taten¸ begibt man sich doch gern mitten ins so erzählte Geschehen. Die Handlung schreitet folgerichtig¸ flott und spannend voran. Dem Erzähler liegen nicht nur die Abenteuer¸ sondern auch die inneren Empfindungen und Gedanken seiner Hauptfiguren am Herzen. Wer auf Action steht¸ wird hier weniger auf seine Kosten kommen.
Philip Mann versäumt auch nicht¸ den größeren Zusammenhang dieses kleinen unbedeutenden Vorfalls in Britannien aufzuzeigen. Daher bekommen die drei Hauptfiguren in ihrem Verhalten wie auch in dem¸ was ihnen widerfährt¸ eine überindividuelle Bedeutung. Dem Leser wird klar¸ dass er es nicht mit zufällig ausgewählten Figuren zu tun hat¸ sondern mit Leuten¸ die für die geschilderte Welt ‐ und für ihn ‐ relevant sind. Das erhöht die Spannung¸ mit der man ihre weiteren Abenteuer verfolgt¸ noch mehr. Was zunächst wie ein Sammelsurium von Einzelszenen aussieht¸ wächst wie die aneinandergelegten Teile eines Puzzles zusammen¸ um das größere Bild erkennen zu lassen.
Man darf also auf die Fortsetzung gespannt sein.
Der Autor
Der 1942 geborene Engländer Phillip Mann lebt seit 1969 in Neuseeland. Seine Tätigkeiten als Theaterdirektor und Drama-Dozent verhalfen seinen Romanen und Hörspielen zu klarer Struktur und Anschaulichkeit. Neben "Das Auge der Königin" (1982; dt. bei Heyne) ist "Pioniere" als sein bester Roman anerkannt.
Seitdem hat Mann die Paxwax-SF-Duologie veröffentlicht und mit "Ein Land für Helden" einen feinen vierbändigen Alternativwelt-Zyklus vorgelegt.
Originaltitel: A land fit for heroes vol. 1 ‐ Escape to the wild wood¸ 1993
Aus dem NZ-Englischen übertragen von Usch Kiausch
Eine Rezension von: Michael Matzer http://www.buchwurm.info/