Jupiter's Legacy: Familienbande
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Bereits der Verlagstext macht neugierig und wenn man in das Heft hineinsieht¸ denkt man zuerst an Casablanca.
Marokko¸ 1932:
Eine kleine Gruppe von jungen Abenteurern¸ angeführt von den Brüdern Sheldon und Walter Sampson¸ ist in der Welt unterwegs¸ um eine Insel zu finden. Diese geheimnisvolle Insel scheint Sheldon¸ einer Eingebung folgend¸ zu sich zu rufen. In Nordafrika in einer Kneipe können die Freunde und Verwandten der Sheldon-Brüder endlich einen Kapitän überzeugen zum Zielpunkt der Reise zu fahren¸ obwohl er der Meinung ist¸ dass es dort keine Insel gibt. Wider Erwarten treffen sie auf die Insel¸ eine geheimnisvolle Bibliothek und Ausserirdische¸ die ihnen Superkräfte übereignen.
Zurück in Amerika befinden sie sich mitten in der Wirtschaftskrise¸ die Menschen fühlen sich schutz- und hilflos.Da kommen die neuen Superhelden gerade recht. Die Rückkehrer besitzen besondere Fähigkeiten und nutzen sie im Dienste der von Amerika¸ doch so mancher auch eher „privat“ für eigene Interessen.
Los Angeles 2013:
Sheldon¸ der sich nun der „Utopian“ nennt¸ und sein Bruder Walter konnten die bösen Superschurken dingfest machen und können ihrem Privatleben frönen. Sheldon lebt in seiner Tarnidentität mit seiner Frau¸ während Walter nur als Superheld anzutreffen ist. Sheldons heile Welt verliert an Substanz. Die Kinder führen ihr eigenes Leben¸ wollen eigentlich nichts mit Superheldentum zu tun haben¸ während er weiterhin seinem Land dienen möchte. Es ist die passive Rolle¸ die er beibehalten will¸ während sein Bruder Walter sich für eine aktive Rolle ausspricht. Während die Kinder der Helden sich Drogen und anderen Exzessen hingeben¸ nutzt Walter seine Möglichkeiten. Er intrigiert erfolgreich und so kommt es¸ dass Sheldons Sohn seinen Vater umbringt und andere beeinflusste Superhelden seine Mutter. Weitere neun Jahre später ist Walter weiterhin die graue Eminenz. Dennoch führt er aus dem Hintergrund die Welt und all seine Versprechungen¸ die er seinem Neffen Brandon versprach¸ traten nicht ein. Im Gegenteil. Die Mehrheit der Bevölkerung leidet noch stärker als 1939. Hinzu kommt der typische Verfolgungskomplex. Waren es in der USA erst die Indianer¸ dann die Kommunisten¸ gefolgt von den Negern¸ sind es nun die Superhelden¸ die von Superhelden verfolgt werden.
Der schottische Autor Mark Millar¸ den meisten Lesern von Serien wie Wanted¸ Kingsman¸ Kick-Ass¸ Civil War¸ bekannt¸ kommt mit Jupiter's Legacy mit dem Superheldenmythos daher. Ihm gelingt es eine Geschichte zu erzählen¸ die zwischen einer Alltagsgeschichte und blutigem Epos steht. Jupiter‘s Legacy lebt von und mit seinen Figuren. Es sind keine Superhelden die gegen Superschurken mit viel Krach-Bumm kämmpfen. Es ist eine eher leise Abrechnung von Superhelden untereinander. Der Titel Familienbande trifft den Inhalt sehr gut. Es ist ein Zwist zwischen Brüdern wie ehedem zwischen Kain und Abel¸ nur dass Walter und Sheldon die Akteure sind und die schmutzige Arbeit zu einem Vatermord durch Brendon wird. Eine Superheldentochter¸ die mit einem Superschurkensohn durchbrennt und im australischen selbsternannten Asyl unerkannt lebt¸ den Sohn grosszieht¸ immer in der Furcht¸ durch Superheldenjäger gefunden zu werden.
So wird die Geschichte zu einer Familientragödie. Und zeigt gleichzeitig auf¸ Supermenschen sind auch nur Menschen wie du und ich¸ mit den gleichen Problemen¸ aber viel mehr Macht. Autor Mark Millar erzählt seine Geschichte mit augenzwinkernden Zynismus¸ der wirkt¸ ohne zu übertreiben.
An die Zeichnungen und die Farbgebung von Frank Quitely muss man sich gewöhnen. Der Hintergrund ist meist nicht vorhanden¸ einfarbig und eher ein Hilfsmittel¸ die handelnden Personen in den Vordergrund zu drücken¸ damit die Geschichte ohne Ablenkung erzählt werden kann.
Letztlich und zusammenfassend ist der vorliegende Sammelband gelungen. Superhelden mit Schwächen und normale Menschen mit ihren Ängsten¸ eine zu Grunde gehende USA und ein fast friedliches Australien. Gegensätze ziehen sich an¸ nicht nur in dieser Erzählung¸ der bald eine hoffentlich genauso gute Fortsetzung folgt.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355