Dies ist eine Rezension aus dem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Lord Ingrey ist ein unbedeutender Adliger im Dienste des Siegelbewahrers Hetwahr und wird in die Ländereien von Prinz Bolesos entsandt¸ um den Mord an ihm aufzuklären. Da Prinz Bolesos der Thronerbe war und der König im Sterben liegt¸ ist eine rasche Aufklärung von Nöten. Daher soll Lord Ingrey nicht nur die aufgebrachten Adligen beruhigen¸ sondern auch den oder die Mörder finden. Die Seele von Lord Ingrey wurde als Kind bei einem verbotenen magischen Ritual¸ mit der Seele eines Wolfes verbunden. Seither ist er ein Mensch¸ der von den meisten anderen Menschen gemieden wird. Dabei hat die Kirche ihn von Schuld freigesprochen¸ denn er war gleichermassen Opfer. Daher ist Lord Ingrey froh¸ wenn er aus der bekannten Umgebung ausbrechen und in die Provinz verschwinden kann¸ wo ihn meist niemand kennt. Seine Aufträge sind zwar offizieller Natur¸ aber nicht unbedingt immer ganz legal. Die mutmaßliche Mörderin ist eine Adlige¸ die vor Gericht gebracht werden soll. Daher ist es die Aufgabe von Lord Ingrey¸ Lady Ijada in die Hauptstadt begleiten. Aber ist die junge Frau auch wirklich die Mörderin¸ steckt mehr dahinter und wenn ja¸ was? Lord Ingrey muss feststellen¸ dass der verstorbene Prinz Belseos sich mit verbotener Magie beschäftigte. Bei dem Versuch¸ eine Leopardenseele an sich zu binden¸ ging etwas schief. Das Opfer Lady Ijada wurde mit der Leopardenseele verbunden. Der wahnsinnige Prinz jedoch wollte die Junge Frau vergewaltigen¸ die sich daraufhin wehrte und den Prinzen so erfolgreich abwehrte¸ dass er dabei starb. Inzwischen bemerkt der ermittelnde Lord¸ dass er selbst verzaubert wurde. Er soll die junge Lady ermorden¸ doch kann er sich mehrmals erfolgreich gegen diesen Zwang erwehren. Hinter diesem Zwang steckt jemand¸ der unbedingt die Lady tot sehen will und den Vorfall um den Prinzen Tod ungeklärt vergessen lassen. Wenn Lord Ingrey als Mörder an der angeblichen Mörderin fest stehen würde¸ gäbe es keine weiteren Ermittlungen und würde selbst als Mörder angeklagt. Erst mittels der Hilfe einer Priesterin¸ der Freundin der Mörderin¸ konnte der Zauber von ihm genommen werden.
Der in sich abgeschlossene Roman bietet ständig etwas neues. Er spielt in der Welt Chalion¸ doch kann getrost ohne den Vorgängerroman gelesen werden. Die beiden Romane werden dadurch verbunden¸ dass sie im gleichen Land spielen. Auch der historisch-religiöse Hintergrund ist gleich geblieben. Damit ist eine faszinierende Welt geblieben¸ während sich ganz neue Handlungen und neue Handlungsträger dem Leser darbieten. Am Besten lässt sich das Werk von Lois McMaster Bujold dadurch beschreiben¸ indem man sagt¸ einen Fantasy-Detektivroman vor sich zu haben. Das ist zwar nicht neu¸ denn mit Lord Darcy gab es bereits einen¸ aber die Idee ist noch nicht allzu sehr abgegriffen. Die Salamitaktik der Erzählung¸ Scheibe für Scheibe etwas anderes zu erfahren¸ neue Sichtweisen zu berücksichtigen¸ lässt den Leser mitdenken und mitraten¸ wohin die Erzählung führt und wer denn der wirkliche Täter ist. Ein hervorragender Roman¸ der viele Elemente der unterschiedlichsten Genre miteinander verbindet.