Ich fürchte mich nicht
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Die Lage für Adam und Juliette ändert sich¸ als den beiden die Flucht gelingt und sie nicht mehr in direkter Abhängigkeit zu Warner stehen¸ sondern nur noch zueinander. Allerdings gefiel mir nicht¸ dass plötzlich an allen möglichen Stellen (unmöglich in der Situation miteinander rumgemacht wurde. Gut¸ fast ein Jahr ohne körperlichen Kontakt¸ aber danach bitte nicht so inflationär.
Ich dachte¸ als ich mich an das Buch heranwagte¸ ich habe einen SF-Roman vor mir mit einer neuen Dystopie. Dystopien sind in Jugendbüchern gerade Mode und wirken nicht immer überzeugend. Daher ist es ein wenig enttäuschend¸ dass man von dem Hintergrund recht wenig mitbekommt und letztlich eine Liebesgeschichte übrig bleibt. Die andere Idee mit der tödlichen Berührung erinnerte mich zuerst an alte griechische Sagen. Der phrygische König Midas aus der griechischen Mythologie wollte alles was er berührte in Gold verwandeln. Ob jemand in eine Goldfigur verwandelt wird¸ oder das Leben auf andere Art genommen wird¸ bleibt sich gleich. Wie aber sieht ein Leben auf ständig auf der Hut zu sein¸ niemanden aus versehen umzubringen? Der kleinste Fehler führt dazu¸ dass sich¸ hier anschaulich beschrieben¸ die Welt von einem abwendet und man sich plötzlich in Einzelhaft wiederfindet. Gleichsam gut beschrieben sind die Auswirkungen fehlenden menschlichen Kontakts¸ der Hoffnung¸ endlich jemand zu finden und die Angst ihn wieder zu verlieren. Bis zu dem Zeitpunkt¸ da Juliette allein auf 15 m² Zelle lebt¸ zeigt sich deutlich¸ wie Juliette denkt. Die Sätze sind kurze Feststellungenn. Daran muss sich die Leserin gewöhnen. Ein wenig übertrieben sind die endlosen erscheinenden Vergleiche.
Tahereh Mafi führt mit einem schönen Schreibstil ihre Leser in eine Geschichte ein¸ die sich durch die schriftliche Ausdrucksweise auch ändert und so die Entwicklung von Juliette aufzeigt. Aus einem unsicheren Mädchen wird eine selbstsichere junge Frau. Wer sich jetzt jedoch die Mühe macht¸ das Buch genau zu untersuchen¸ was die Autorin sagen will¸ es durch den Einsatz von Schrift provoziert¸ der verkennt den eigentlichen Auftrag eines Unterhaltungsromans. Ich fürchte mich nicht lässt sich bedingt durch die Ich-Erzählung¸ schnell durchlesen. War die Handlung zu Beginn noch recht behäbig¸ wird sie bald schneller¸ weil die Charaktere auf der Flucht oder in einen Kampf verwickelt sind. Das zu erwartende Ende und die letzten Kapitel langweilten mich dann doch etwas. Viel zu vorhersehbar. Der Roman ist ein Auftakt mit einer interessanten Idee. An einigen Stellen fand ich (als männlicher Rezensent¸ die Liebesgeschichte übertrieben. Überzeugend ist Warner als Gegenspieler.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355