Punktown 3
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Das universelle Rollenspiel-Fanzine Greifenklaue wurde bereits 1997 von Mitgliedern der Pfadfindergruppe Mantikore als gedrucktes A4-Heft ins Leben gerufen und eroberte ab 2005 auch das Internet. Neben dem gedruckten Fanzine betrieb Ingo aka "Greifenklaue" vor allem einen Blog, einen Podcast und ein eigenes Forum. Zur großen Bestürzung der Rollenspiel-Szene verstarb Ingo Schulze am Freitag den 26.11.2021. |
Bereits zum dritten Mal entführt uns das Hamburger Label LAUSCH in eine nicht weit entfernte Zukunft, auf den Planeten Oasis und dessen Hauptstadt Paxton - von seinen unzähligen verschiedenen ethnischen und ethischen Gruppierungen angehörenden Bewohnern liebevoll "Punktown" genannt. Das bereits am 26. September 2009 erschienene dritte Album, das, wie schon seine Vorgänger auf den im Jahr 2000 veröffentlichten Kurzgeschichten des amerikanischen Autors Jeffrey Thomas beruht, schiebt erneut drei wunderbar erzählte Geschichten in die Gehörgänge und rüttelt mit Kraft an unseren Vorstellungen von Werten und Moral.
STORY
Irgendwann in der Zukunft: Die Menschheit hat längst mit der Kolonialisierung fremder Welten begonnen und sich in den unendlichen Weiten des Weltalls ausgebreitet. Eine dieser Kolonien, angesiedelt auf einem Planenten namens Oasis, hat sich binnen weniger Jahre zu einem echten intergalaktischen Schmelztigel entwickelt. Hunderte außerirdische Rassen liefern sich in Paxton, das von seinen menschlichen sowie nicht-menschlichen Bewohnern liebevoll "Punktown" genannt wird, einen andauernden kulturellen und ideologischen Konflikt. Anarchie und Chaos sind an der Tagesordnung. Doch wer genau hinschaut, wird feststellen, das "Punktown" nicht nur ein Sündenbabel wie einst Sodom und Gomorrha ist, sondern auch eine Geburtsstätte des steten Wandels darstellt, in der Freidenker und Kreative ebenso eine Heimat finden wie Radikale und Perverse...
Geschichte I: Tanz des Ugghiutu
Die junge, kalianische Kunststudentin Aneet liebt die Provokation - und möchte mit der Inszenierung eines uralten religiösen Tanzes zur Beschwörung des Gottes Ugghhiutu, der eigentlich nie vor den Augen der Öffentlichkeit vorgetragen werden darf, ihre Ablehnung gegenüber der streng-orthodoxen Lebenseinstellung ihres Volkes zum Ausdruck bringen. Während ihrer Vorbereitungen verliebt sie sich in eine Mitstudentin und weiht diese in ihre Pläne ein. Bei der Uraufführung kommt es jedoch zu einem blutigen Zwischenfall und Aneets Geliebte beginnt, nach den Motiven ihrer Freundin zu suchen und stößt dabei auf die grauenhafte Wahrheit hinter dem Fundamentalismus der Kalianer...
Geschichte II: Zeit der Häutung
Weil sie in ihrer Vergangenheit eine traumatische Erfahrung machte, ließ sich Kellnerin Norah für viel Geld einen Teil ihres Gedächtnisses löschen - in der Hoffnung, endlich ein Leben ohne Angst führen zu können, in dem nur noch dunkle Schemen an das Geschehene erinnern. Doch so leicht lässt sich das Gehirn nicht austricksen, denn seit diesem medizinischen Eingriff fragt sich Norah unentwegt, was der eigentliche Auslöser gewesen sein mag, dass sie dieser Operation zugewilligt hat. Doch weder ihre Schwester, noch der behandelnde Arzt wollen ihr Auskunft geben. In der Bar, in der sie arbeitet, lernt sie einen jungen Mann kennen, der sich für sie zu interessieren scheint. Wer ist dieser Mann? Weshalb spricht er ausgerechnet sie an? Hat er vielleicht etwas mit dem Vorfall zu tun und will sich nun an ihrem Leid laben? Norah spürt, dass die Paranoia, vor der sie sich eigentlich hat schützen wollen, eine Hintertür in ihrem Kopf gefunden zu haben scheint...oder doch nicht?
Geschichte III: Wakizashi
Rituelle Morde sind in Punktown eigentlich genauso durch das Gesetz verboten wie Selbstjustiz - doch nicht immer sind religiöse Freiheit und Politik klar voneinander zu trennen. Die Fälle zweier Häftlinge führen den Gefängniswärter Soko zurück zu seinen eigenen kulturellen Wurzeln und auf den moralischen Abgrund zu, der zwischen Recht und Gerechtigkeit klafft.
KRITIK:
Weshalb noch weiterhin Buchstaben verschwenden? Ich würde mich ja nur doch wiederholen ... na gut, weil's sein muss: "Punktown" ist und bleibt die intensivste und bewegendste aller LAUSCH-Produktionen: Weil sie düster ist, weil der Einsatz von Minimalistik so großartig funktioniert, weil die Geschichten toll sind. Wäre ich ein Erbsenzähler, so würde ich bemängeln, dass bei "Tanz der Ugghiutu" die Thematik um den Umgang mit Fundamentalismus noch weiter hätte intensiviert werden können, aber, ach, das wäre mit Kanonen auf Spatzen geschossen. So bleibt nur das...
FAZIT:
Nicht aufhören damit!
Eine Rezension von: Christoph 'Christophorus' Memmert https://greifenklaue.wordpress.com/