Point Whitmark 22: Die blutenden Schlüssel
Mit freundlicher Genehmigung von: |
Das universelle Rollenspiel-Fanzine Greifenklaue wurde bereits 1997 von Mitgliedern der Pfadfindergruppe Mantikore als gedrucktes A4-Heft ins Leben gerufen und eroberte ab 2005 auch das Internet. Neben dem gedruckten Fanzine betrieb Ingo aka "Greifenklaue" vor allem einen Blog, einen Podcast und ein eigenes Forum. Zur großen Bestürzung der Rollenspiel-Szene verstarb Ingo Schulze am Freitag den 26.11.2021. |
Die 22. Folge der Kinder- und Jugendserie schickt das Trio um Jay, Tom und Derek, die den Radiosender Point Whitmark - der Sender, der heißt wie der Ort - betreiben, in ein Kriminalstück ganz im Stile des großen Vorbilds "Mord im Orient-Express".
In der Sendung "Hinter dem Vorhang" wird Dr Hayze vergiftet, welcher dort ein Aufklärungsbuch über den Gentechnikkonzern Newtech vorstellen wollte. Allerdings hat er das Ganze als Kriminalroman Anfang des 19. Jahrhundert geschrieben.
Da der Doktor in Point Whitmark geboren ist und gegenüber dem Verlag verfügt hat, dass seine Promo-Aufführung in jedem Fall stattfinden soll, kommt es, dass auch das Point Whitmark-Trio mitmischt. Ganz im Stile des Kriminalstücks hat man sich in historische Kostümierungen geworfen, die bei Dereks Eltern kurzerhand zusammengesucht werden. Tom als Lord Coleford, Jay als Diener Lory und Derek als Lady Ashbington... Wie in der Vorlage des Doktors findet das interaktive Stück in einem historischen Zug statt. Neben den dreien gibt es fünf weitere Gäste, den Zugbegleiter (und Spielleiter), den Barkeeper sowie natürlich den Lokführer. Eigentlich wäre auch der Doktor dabei gewesen, er sollte das erste Mordopfer stellen, den eben die Gäste aufklären sollen, der wurde durch eine Holzpuppe ersetzt. Jede Partei erhält einen gläsernen Schlüssel, der mit einer roten Flüssigkeit gefüllt ist. Wenn diese allerdings entschwindet, dann droht der Schlüssel zu brechen und damit auch ein Herz...
Wer findet, das ganze liest sich wie ein Krimi-LIRP (Live-Indoor-Roleplaying), hat vollkommen recht. Im Prinzip ist es genauso geplant, bis der erste Gast scheinbar aus dem Zug geworfen wurde - und offenbar irgendwer das Schaustück als Deckmantel für eine eigene Mordserie nutzt. So wird Spiel und Ernst gemischt und keiner vertraut dem anderen...
Nachdem der letzte Plot doch etwas in die Hose ging und vor allem die Umsetzung mißlang, ist der Plot diesmal erfrischend gemacht und excellent umgesetzt, auch wenn er sich erstmal etwas komisch anliest. Wie man es als Rollenspieler oder LARPer kennt, wechseln die Charaktere ab und an zwischen ihrer Intime- und Outtimestimme, gerade bei Derek in weiblicher Rolle eine spaßige Sache, die aber zugleich sehr zur Atmosphäre beiträgt und dazu, sich als Hörer auf dieses Spiel einzulassen.
Die Musik unterstützt das ganze ebenso wie Soundeffekte, so dass man sich tatsächlich in einen fahrenden Dampfzug befindet und sich einerseits im Spiel Anfang des 19., in der Realität jedoch Anfang des 20. Jahrhunderts... Als Gaststimmen sind wieder einige Größen verpflichtet worden, die man schon aus anderen Volker Sassenberg-Hörspielen kennt. Bernd Vollbrecht alias Gabriel Burns als Barkeeper - eine echt gelungene Besetzung, oder Diana Borgwardt, bekannt aus Abseits der Wege. Insgesamt von allen Seiten gute Sprecherleistungen.
Ein weiterer Wesenszug ist bei Point Whitmark das Elemente des Hintergrundes immer wieder aufgegriffen weren. Hier ist es zwar keine wiederkehrende Gastrolle, dafür wird wiedermal auf die Berufe von Dereks Eltern eingegangen - die man spätestens seit Folge 11, Die Nacht der ewigen Fliegen, kennt. Desweiteren gibt es weitere kleinere Anspielung auf alte Fälle. Das macht die Serie plastischer und greifbarer.
Der Plot wird schlußendlich gelungen aufgelöst. Klar, ein paar Hausnummern zu groß ist der Fall schon aufgehängt, aber diesmal ist es gelungen, einen glaubwürdigen, wenn auch nicht wahrscheinlichen Fall zu konzipieren.
Fazit: So macht Point Whitmark Spaß und spricht junge wie alte Hörspielhörer an. Gerade Rollenspielern und LARPern wird diese Folge ein Lächeln auf die Lippen zaubern...
Eine Rezension von: Ingo 'Greifenklaue' Schulze https://greifenklaue.wordpress.com/