Gruselkabinett 171: Das Gespensterschiff
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Die Geschichte: Mit der Geschichte von Wilhelm Hauff liegt eine Perle der Literatur vor, die sich nicht hinter anderen Erzählungen der damaligen Zeit verstecken muss. Basra, 1825: Nach dem Tod seines Vaters möchte der junge Kaufmannssohn Achmet sein Glück in der Fremde suchen und besteigt daher mit seinem Diener Ibrahim ein Schiff nach Indien. Er hegt die Hoffnung, dort etwas mehr Glück in seinem Leben zu haben, als bisher. Nach einer fast zweiwöchigen Fahrt über das Meer geraten sie in einen heftigen Sturm. Als plötzlich ein geheimnisvoller Segler mit johlender Besatzung aus dem Nichts auftaucht, gerät der Kapitän in Panik. Er ist der Meinung, das Schiff bringe Unglück und der Tod selbst würde sich an Bord befinden. In der Tat sinkt kurz darauf sein Schiff, und Achmet und Ibrahim können scheinbar als einzige Überlebende dem Tod entrinnen, aber wie lange noch? Rettung finden sie auf einem verlassenen Schiff, dass ihnen seltsam bekannt vorkommt.
Als Hörspiel ist die Erzählung von Wilhelm Hauff keine Hörspielpremiere. Man findet einige Versionen davon bei anderen Hörspielproduzenten. Dies gilt ebenso wie für die Erzählung in Schriftform. Als eigenständige Bücher oder in Sammlungen wird das Gespensterschiff gern aufgeführt. Das Gespensterschiff als 171ste Folge der Gruselkabinett-Reihe gefällt mir gut. Mir kam in dieser Produktion die ruhige, fast besonnene Art der Dialoge entgegen, die in Hektik und Aufregung umschlug, als es galt den Sturm zu bezwingen und einer Rettung entgegen zu fiebern. Dann wieder ein langsamer Spannungsaufbau mit seinen kleinen Spitzen, bis hin zu einem sehr befriedigenden Schluss. Ein Grossteil der Erzählung spielt auf See. Die entsprechende Geräuschkulisse findet sich überall, wo es darum geht, die Stimmung an bord zu vertiefen. Wasser und Geräusche erhalten viel Raum. Die entsprechenden Verantwortlichen machten sich viel Mühe damit, die Lage auf einem alten Segelschiff darzustellen und zu vertonen. Da ist das Meeresrauschen und der Wind eines Schiffes in Fahrt, knatternde Segel, sich bewegendes Tauwerk, knarrende Planen, Schritte jeder Art auf Deck oder darunter. All das lässt die Stimmung an Bord lebendig werden, fast so, als ob man sich an Bord des Schiffes befindet. Hinzu kommt die gelungene Auswahl an Hintergrundmusik, die genau dort bleibt und sich nicht in den Vordergrund drängt. Doch ein Hörspiel ist nichts ohne seine Sprecher. Da ist der Hauptdarsteller, der junge Achmet, gesprochen von Jannik Endemann. Ich weiss nicht, wie alt der Sprecher ist, auf dem Foto der CD sieht er sehr jung aus, ist aber die beste Besetzung, die man sich für diese Rolle vorstellen kann. Seine Art, den Text vorzutragen, wirkt nicht einstudiert, sondern man merkt ihm den Spass an der Sache an. In Kombination mit Bernd Kreibich, der den Diener spielt, kommt besonders das freundschaftliche Herr – Diener – Verhältnis zum Tragen. Beide Sprecher erscheinen mir freundschaftlich verbunden zu sein, denn die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten wirkt in jedem Fall authentisch. Die Leistung der anderen Beteiligten sei auch nicht unter den Scheffel gestellt. Peter Weis als Kapitän kommt mit seiner befehlsgewohnten Stimme gut zu tragen. Marc Gruppe zeigt gleich in drei Rollen seine sprachliche Gewandtheit und, sehr selten, ist Stephan Bosenius, zu hören. Beide, Marc und Stephan, überzeugen in der kleinen Rolle als Sklaven von Muley, gesprochen von Willi Röbke. Alles in allem bin ich mit der Sprecherauswahl sehr zufrieden. Zusammenfassend kann ich sagen, es ist wieder eine stimmungsvolle Produktion. Über die Qualität der Hörspiele muss man nichts weiter sagen, sie ist bekannt hochstehend. Mir ist selten ein Hörspiellabel untergekommen, dass über die Jahre seine Qualität so halten konnte.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355