Gruselkabinett 108: Das Traktat Middoth
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Dies ist nun die vierte Kurzgeschichte von M. R. James die Titania-Medien von ihm vertont. James ¸ der hierzulande zwar bekannt ist¸ aus diversen Kurzge-schichtensammlungen und alten Heftromanreihen¸ hat es nie zu den Ehren gebracht¸ die ihm zustehen. Daher ist es nun Stephan Bosenius & Marc Gruppe zu verdanken¸ dass wieder ein Augenmerk auf ihn gerichtet wird. Das vorliegende Hörspiel wurde unter anderem von Martin Gregor-Dellin in Die Gespenstertruhe der Nymphenburger Verlagshandlung herausgegeben.
Eine rätselhafte und stimmungsvolle Geschichte¸ mit einem sehr interessanten Wechsel der Perspektive. Zuerst wird aus der Sicht von John Eldred berichtet¸ die im Laufe der Erzählung auf den Bibliothekar William Garrett wechselt¸ der den Staffelstab an dann Mutter und Tochter Simpson weiter gibt. Dieser Wechsel ist sehr gut miteinander verknüpft. Sie zeigt aber auch gleichzeitig¸ dass es möglich ist¸ die Hauptperson während der Handlung auszutauschen und dennoch eine phan-tastische Erzählung zu bieten. Der wirkliche Mittelpunkt ist jedoch das geheimnisvolle Buch mit dem Titel Das Traktat Middoth.
Auch wenn es sonst nicht so sehr meine Art ist¸ hier ein paar sparsame Worte zu den Sprechern¸ deren gekonnten Einsatz ich aber nicht schmälern will. Im Gegenteil¸ ohne sie wäre das Hörspiel nur eine weitere langweilige Lesung. Dass es eben auch anders geht¸ zeigen die beteiligten SpercherInnen aufs Deutlichste.
Reinhard Scheunemann als Erzähler kommt nicht zu oft zum Einsatz. Seine etwas raue Stimme passt hervorragend zu dem eher ruhigen Tempo der Erzählung¸ wenn es gilt Hintergründe zu erläutern bzw. Handlungsfäden zu verknüpfen.
Bernd Rumpf spricht John Eldred. In seiner Rolle¸ die einen ungeduldigen und stets verärgerten Bibliothekar darstellt¸ kann er mit seiner sonoren¸ leicht heiser wirkenden Stimme punkten. Die mysteriöse Aura¸ die er mit Worten um sich schafft¸ passt zu dem älteren Mann¸ der nicht bereit ist¸ allzuviel von sich preiszugeben.
Constantin von Jascheroff ist die ideale Besetzung des William Garrett. Als junger¸ hilfsbereiter Bibliothekar ist er mit einer sehr angenehmen Stimme zu hören und bildet so eine ebenso gelungene Hauptfigur. Trotz der seltsamen Ereignisse ist er bestrebt¸ das Rätsel um das Traktat zu lösen. Egal in welcher Lage er sich befindet¸ Constantin von Jascheroff reagiert glaubhaft und überzeugend.
Herma Koehn gefiel als Mrs. Mary Simpson und Cathlen Gawlich ebenso als Tochter Maggie Simpson. Beide harmonieren sehr schön als Mutter und Tochter. Sie sprechen die beiden Personen sehr sympathisch. Herma Koehn verhält sich entsprechend der Zeit¸ ihres Standes und Alters entsprechend eher zurückhaltender. Cathlen Gawlich wirkt hingegen wie ein lebenslustiges Mädchen¸ die stimmlich ihr Interesse an dem jungen Garrett sehr gut zum Ausdruckbringt.
Lutz Mackensy als Bibliothekar ist wieder einmal eine neue Rolle in die er hineinschlüpft¸ wie in einen Hausanzug. Er fühlt sich sichtlich wohl als zutiefst gelangweilter Leiter der Bücherei.
Rainer Gerlach ist Dr. John Rant. Da gibt es kein vertun. Mit seiner Dar-stellung des abgrundtief boshaften¸ alten Mannes übernimmt er einen Part¸ den er überzeugend darstellt. Gerade sein höhnisches Gelächter wirkt¸ nicht nur während des Hörspiels.
Judy Winter ergänzt Rainer Gerlach in der Rolle der schroffen Haushälterin. Sie macht deutlich¸ was sie von ihm hält. Dabei setzt sie ihre spitze Zunge durchaus als Waffe ein.
Die hervorragenden SprecherInnen lassen das neue Hörspiel wieder zu einem Genuss werden. Akustisch bieten Marc Gruppe und Stephan Bosenius wieder eine gelungene Arbeit. Die beiden sind inzwischen so eingespielt¸ dass sie fehlerlos arbeiten¸ sehr gelungene Atmosphären erzeugen¸ eine hervorragende Auswahl an Sprechern besitzen und auch sonst eine sehr gelungene Qualität abliefern. Zwar bevorzuge ich statt der Jewel-Chases die altmodische Pappe¸ werde dafür von einem gelungenen Titelbild und einem aufschlussreichen Design belohnt. Die Booklets sind nicht sehr ausführlich¸ aber immerhin ausreichend. Wer mehr über die Sprecher¸ Produktionen etc. erfahren möchte¸ kann dies auf der übersichtlichen homepage www.titania-medien.de nachlesen.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355