Gefallene Engel
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Takeshi will sich von seinem letzten Auftrag erholen¸ erhält aber dennoch Berichte über ein Artefakt¸ dass die sogenannten Marsianer hinterlassen haben. Die Marsianer stammen nicht vom Mars¸ lediglich erste Hinterlassenschaften dieser nichtmenschlichen Wesen wurden dort gefunden. Es entsteht eine typische Situation¸ in der sich die Menschen mit den Hinterlassenschaften dieser ausgestorbenen Rasse auseinandersetzen müssen. Takeshi Kovacs übernimmt den Auftrag¸ sich um das Artefakt zu kümmern. Schnell ist ein Team zusammengestellt. Oder sollte man sagen zusammengewürfelt. Denn ein Team arbeitet zusammen¸ doch diese Gruppe ist sich selbst untereinander spinnefeind. Bevor er jedoch nach Sanction IV aufbrechen kann¸ muss er den eigentlichen Entdecker aus einem Lager befreien und kann schliesslich auf Kosten eines Konzerns aufbrechen.
Takeshi Kovacs ist eine Person¸ die man nicht nur liest¸ man kann durchaus sagen¸ man erlebt ihn regelrecht. Als Leser empfindet man seine Wut und Ohnmacht¸ seine Verzweiflung in etwas hinein geraten zu sein und keine offensichtliche Lösung zu finden. 'Gefallene Engel' ist ein ausserordentlicher Roman¸ der einen sehr hohen Unterhaltungswert hat. Auch wenn man der Meinung sein könnte¸ mal wieder einen Ziegelstein gekauft zu haben¸ lohnt sich jede Seite. Neben kleinen Ausschweifungen in Richtung Religion und Philosophie findet sich eine wundervoll eingesetzte Sprachkunst. Richard Morgen nutzt den klassischen Roman¸ um diese Geschichte zu erzählen. Er verbindet blutige Science Fiction mit Anklängen an Joe Haldemans 'der ewige Krieg' mit Cyberpunk und der Macht-Gier der Konzerne. Um diesen Kern herum finden sich immer wieder zeitkritische und sozialkritische Ansätze¸ die den Roman teilweise zu einer nachdenklichen Sache machen. In diesem Fall meine ich auch NACH-denklich¸ denn man muss ihn erst gelesen haben¸ um all seine Seitenhiebe zu verstehen. Atmosphärisch dicht geschrieben erinnert Richard Morgan mit seinem Buch 'Gefallene Engel' nebenbei an die typischen Vertreter der psychologischen Science Fiction¸ die ihre Helden nehmen¸ um sie in ausweglosen Situationen sich auf ihren menschlichen Kern besinnen zu lassen. Nach seinem Roman 'Das Unsterblichkeitsprogramm' ist dies der zweite Roman um seinen Helden Takeshi¸ und ebenfalls rasant und eindringlich beschrieben. Während sein 'Unsterblichkeitsprogramm' sich mit der Entmenschlichung durch technischen Fortschritt auseinandersetzt¸ handelt der vorliegende Roman von der Habgier¸ Machtgier und der Durchsetzung von egoistischen Zielen auf Kosten des sogenannten Kleinen Mannes.
Auf eines sei aber noch extra hingewiesen. Wer Problem mit Sex und Gewalt in schriftlicher Form hat¸ sollte die Romane von Richard Morgan meiden. Seine Gewalt ist wirklich und dreckig¸ gemein und grausam. Seine Vorstellung von Sex ist weitaus wirklichkeitsgetreuer als in anderen Büchern. Hier wird schon mal 'gefickt' und das sehr plastisch erzählt.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355