Eisige Schwestern
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Bald hüllen Winternebel die Insel ein¸ Angus ist beruflich oft abwesend¸ und bei Sarah schleicht sich das unheimliche Gefühl ein¸ etwas stimme nicht. Zunehmend fragt sie sich¸ welches ihrer Mädchen lebt. Als ein heftiger Sturm aufzieht¸ sind Sarah und Kirstie komplett isoliert und den Geistern der Vergangenheit ausgeliefert. Verlagstext
Lydia und Kirstie Moorcroft waren eineiige Zwillinge¸ fröhlich¸ aufgeweckt¸ die Lebenslust selbst und das Glück von Sarah und Angus Moorcroft. Als Lydia¸ gerade einmal sechs Jahre alt¸ nach einem Sturz vom Balkon stirbt¸ verändert sich das Leben der restlichen Familie.
A ngus verliert die Kontrolle über sich und wird mit dem immerwährenden Griff zur Flasche zum Trinker. Logischer Schritt¸ er verliert seinen Job. Seine Frau Sarah verliert den Boden unter den Füssen und wird zu einem Fall¸ an dem jeder Psychiater Gefallen gefunden hätte. Eines haben beiden Eltern gemeinsam¸ sie wollen einen Neuanfang. Es trifft sich gut¸ dass Angus ein Häuschen auf einer einsamen schottischen Hebriden-Insel erbte. Dies ist das Ziel der nunmehr dreiköpfigen Familie.
Bereits während der Umzugsvorbereitungen wird die Mutter noch tiefer in Depressionen gestossen¸ denn das überlebende Mädchen¸ bisher immer Kirstie genannt¸ beschwert sich¸ sie wäre doch Lydia¸ Kirstie sei gestorben und sie wolle fortan Lydia genannt werden. Kirstie – Lydia – Lydia – Kirstie? Wer ist wirklich gestorben? Auf der Insel scheint sich alles ein wenig zu verschärfen¸ denn der Charakter von dem Kind scheint sich verändert zu haben und es könnte die sechsjährige Tochter Lydia sein¸ ihr bevorzugter Liebling. Kirstie hingegen war immer der Liebling von Angus. Es könnte.
Bei diesem Buch lockte mich zunächst einmal das der Schuber. Es war nicht etwa ein Schuber in den man ein Buch hineinschiebt¸ sondern es waren praktisch zwei Halbe¸ die von links und rechts über das Buch geschoben werden mussten. Auch das Titelbild war ansprechend gestaltet. Die Grundidee des Romans ist ebenso faszinierend. Ohne Zweifel ein Buch¸ dass man erst einmal gern in die Hand nimmt.
Fesselnd und beeindruckend beschreibt S. K. Tremayne die schreckliche Zeit¸ die für die ganze Familie angebrochen ist. In unheimlichen Bildern zeigt der Autor¸ wie gerade auf einer einsamen Insel¸ abgeschieden vom Leben¸ gerade dies in Frage gestellt wird. Wer ist wer ist ein „Bäumchen wechsel Dich Spiel“¸ in der die Eheleute Moorcroft nach und nach dem Misstrauen anheimfallen. Jedes Familienmitglied hält zum anderen Abstand. Eine Lage¸ in der sich kein Mensch wohlfühlt. Denn plötzlich treten auch Geheimnisse zutage¸ die die Eheleute dem anderen Partner nicht aufdeckten.
Die düstere¸ trostlosee Atmosphäre der Insel¸ der Zeitpunkt¸ da das Wetter nicht mehr fröhlich wirkt¸ sondern mit Wind¸ Regen und Nebeln eher unwirklich daherkommt¸ und die persönliche Einsamkeit sind die Punkte¸ die dazu führen¸ dass das Haus kein Heim ist. Kein Zufluchtsort¸ eher das Gegenteil.
Sarah und Angus schildern ihre Lage sehr Gefühlsbetont. Leider werden aus Sicht beider die gleichen Ereignisse erzählt¸ so dass die Doppelungen ermüdend und langweilig wirken und der Spannung abspenstig sind. Wie der überlebende Zwilling¸ wo viel zu schnell klar wird¸ wer es ist¸ seinen Verlust erlebt und verarbeitet wird leider ebenfalls aus Sicht der Eltern erzählt. Das Kind kommt¸ obwohl der Mittelpunkt und ausübendes Ereignis¸ nicht recht zur Geltung. Die Idee hinter der Geschichte ist gut. Kein wenn¸ kein aber. Die Umsetzung hingegen enttäuschte etwas. Die Gedanken der Mutter zu viel¸ das Kind zu wenig und die Wut des Vater unmotiviert.
Letztendlich konnte mich das Debüt nicht überzeugen. Der Schreibstil ist flüssig¸ gut zu lesen. Was Rosamunde Pilcher in Liebesromanen¸ ist hier S. K. Tremayne¸ ein preisgekrönter Reisespezialist¸ mit seinen Landschaftsbeschreib-ungen. Doch leider lässt der Inhalt zu wünschen übrig. Der Umzug auf die Insel Torran¸ der Besuch von dem Mädchen¸ das in der alten Schule ausrastete und sich in der neuen gälischen Kylerdale Schule zurechtfinden muss¸ alles gut beschrieben. Doch das reicht nicht. Der Schluss war passte¸ aber hat auch nichts mehr rausreißen können. Ein interessanter und anfänglich spannender Thriller¸ der dann leider sehr nachlässt¸ die Handlungsstränge ergeben Sinn¸ aber mehr als zufrieden war ich nicht.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355