Eine kurze Geschichte der Böhmischen Raumfahrt
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Jaroslav Kalfař geboren und aufgewachsen in Prag¸ migrierte mit fünfzehn Jahren in die USA. Er studierte Literatur¸ Politik und europäische Geschichte...
April 2018: Die JanHus 1¸ das erste Raumschiff mit Jakub Procházka¸ erster Raumfahrer der tschechischen Geschichte an Bord¸ erhebt sich majestätisch in den Himmel. Jakub Procházka¸ Professor für Astrophysik¸ träumt davon¸ seinem Land Ruhm und Ehre zu bringen¸ ganz im Sinne der alten sozialistischen Gesinnung. Die Zeit zieht sich¸ 13 Wochen im All sind nicht so ohne. Und dann ist es nicht nur aus mit den Videochats mit seiner Frau¸ sondern auch ganz¸ weil sie ihn verlässt. Da hilft es dem Helden nicht¸ dass die Nation ihn feiert¸ aber seine Frau nichts mehr von ihm wissen will. Mittlerweile ist sein Forscherdrang gegen Null angekommen und die geheimnisvolle lila Wolke zu erforschen¸ die sich vor die Venus geschoben hat¸ begeistert ihn auch nicht mehr. Und hat er plötzlich Besuch in seiner Kapsel. Ein haariger¸ achtbeiniger Mitbewohner macht sich in Jakubs Raumschiff bemerkbar. Der Ausserirdische¸ einer Spinne ähnlich¸ jedoch mit rot geschminkten Lippen und gelben schiefen Zähnen ist fortan sein Begleiter. Hatte Jakub eben noch eine Begegnung mit dem russischen ersten Astronauten¸ dem Hund Laika¸ so ist er nun mit jemanden Konfrontiert¸ der sich auf die Kunst des Gedankenlesens versteht. Dabei wühlt er in den Erinnerungen Jakubs. An seine regimetreuen Eltern¸ die mit der Wende in die Bedeutungslosigkeit stürzen und eines ungeklärten Todes sterben. An das Leben auf dem Bauernhof der Großeltern¸ die ihn aufziehen und durch ein Opfer seines Vaters davon verjagt werden.
Mit Jakub gewinnt das Land¸ was es am dringendsten braucht¸ ein Vorbild. Er wird zum Astronauten und zum Helden wider Willen. Als er durch eine Verkettung hanebüchener Zufälle dennoch gerettet wird¸ beschliesst er¸ sich nicht zu erkennen zu geben. Er kommt als einer der wenigen Menschen in die Lage¸ die eigenen Nachrufe lesen zu können. Auch ein Denkmal ist ihm gewidmet. Wer kann so etwas schon von sich behaupten¸ der noch lebt.
Jaroslav Kalfař Roman ist verrrückt. Zumindest der Protagonist. Ein ungewöhnlicher Roman mit zum Teil überraschenden Wendungen. Die fantastischen Elemente wirken dabei eher zufällig. Jakub ist ein sympathischer Raumfahrer¸ aber sein Leben ist eher langweilig¸ diee Fahrt in den Weltraum eher eine Flucht vor der Ehe¸ die darin Gipfel¸ das seine Frau ihn verlässt¸ obwohl er mit dem Raumschiff sie bereits weit hinter sich gelassen hat.
Jaroslav Kalfař schuf mit Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt einen Debütroman der den unglaublichen Sozialismus in sich weiterträgt. Obwohl nie genau beschrieben ist der absurd-realistische Sozialismus¸ die Unterdrückung durch Österreicher¸ Deutsche¸ Russen und wen auch immer¸ latent vorhanden.
Befriedigend ist der Ausgang der Erzählung nicht. Schon ab Mitte der Erzählung bin ich mit dem Fortgang nicht einverstanden¸ die Handlung zu dünn. Der Rest wird / wirkt in Sachen Humor¸ gepresst. Der Erzählstil gefällt wenig¸ er bleibt nicht bei der Sache¸ schweift ab und nimmt neue Wendungen und irgendwann einmal hat man den Anschluss verpasst¸ sofern es einen gab. Die erste Spannung¸ die aufkam wird totgeschrieben. Eine interessante Geschichte¸ die leider an Witz und Philosophie krankte¸ die aber grossartig propagiert wurde. eine tolle Romanidee¸ bis etwa zur Mitte des Romans.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355