Dunkle Halunken
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
In einer völlig verregneten Nacht wird der suchende Dodger von Schreien aus der Kanalisation an die Oberfläche gelockt. Eine junge Frau fällt aus einer Kutsche und versucht vor zwei Verfolgern zu fliehen. Dodger kommt zur rechten Zeit und kann die beiden unbekannten Männer verjagen. als er zu der jungen Frau zurückkehrt¸ findet er sie in der Obhut zweier Herren der „feinen Gesellschaft“. Sie stellen sich als Charles Dickens und Henry Mayhew vor¸ die ihn und die geheimnisvolle Schönheit¸ die Simplicity genannt wird¸ in Sicherheit. Simplicity wird von einem Arzt untersucht und dieser stellt fest¸ dass die junge Frau vor kurzem noch schwanger war. Die Frau darf sich bei Familie Mayhew erholen. Die beiden Herren beauftragen den Strassenjungen sich unauffällig auf der Strasse umzuhören. Das Geheimnis um die junge Frau will gelüftet und die Verfolger sollen gefunden werden. Dodger hat¸ den Umständen entsprechend¸ so gut wie keine Schulbildung¸ ist aber ein cleverer Bursche¸ der sich zu behaupten versteht und für diesen Auftrag geradezu prädestiniert ist. Er hat Charme¸ der auf die junge Frau wirkt und Mut¸ um sich finsteren Gesellen entgegenzustellen.
Dodger erlebt bei seinen Ermittlungen eine Reihe von seltsamen Abenteuern¸ die ihn immer wieder fordern¸ aber er mit einer Art Bauernschläue ohne weiteres besteht. Sein Leben nimmt einen Verlauf¸ den er selbst nicht erwartete. So wird Dodger nicht nur zu einem unfreiwilligen Helden¸ da er unter anderem dem mörderischen Frisör Sweeney Todd das Handwerk legt. Dies hat zur Folge¸ dass er in die „feine Gesellschaft“ eingeführt wird. Alles geht gut¸ bis er sich falschen Mordanschuldigungen gegenüber sieht.
Terry Pratchett gelingt es mit seinem Ihm eigenen Wortwitz und dem im 19. Jahrhundert angesiedelten Gassensprache einen Kanaltaucher zum glanzvollen Helden zu befördern. Gleichzeitig übt er Kritik an den damaligen erbärmlichen Zuständen zwischen Arm und Reich. Dadurch entsteht nicht nur eine zeit- und sozialkritische Erzählung¸ sondern eine gleichsam wundersame und ideenreiche Geschichte. Historische Persönlichkeiten und erfundene Personen mischen sich zu einer komplexen sozialen Gesellschaft. Dodgers Nachforschungen werden gekonnt zu einem grossen Abenteuer für alle Beteiligten ausgearbeitet. Schnell stellt sich für den Leser heraus¸ dass nicht nur Dodger Jagd auf die Unbekannten macht¸ sondern gleichzeitig die Unbekannten auf ihn. Dodger ist ein Charakter¸ der mich begeistern und faszinieren konnte. Aber er ist nur einer der vielen lebendig dargestellten Figuren. Unverkennbar ist Terry Pratchett s Schreibstil. Seine Art mit der Sprache zu spielen ist unverkennbar. Es gelingt ihm nicht nur die beteiligten Personen¸ sonndern auch das historische London höchst lebendig werden zu lassen. Im Gegensatz zu den oft humorvollen Scheibenweltromanen ist Terry Pratchett s Dunkle Halunken sehr dunkel und manchmal zu gewalttätig. Ich fand die Erzählung durchaus unterhaltsam.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355