Die Wormworldsaga
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Ein Vorreiter des Comic-Genres im Internet ist der Autor und Grafiker Daniel Lieske. Mit seiner Bildergeschichte Die Wormworld Saga schuf er eine mitreissende Fantasywelt. Positiv ist natürlich¸ dass man den Comic ohne umblättern lesen kann¸ man scrollt einfach die Seite weiter. Wer es selbst ausprobieren möchte¸ geht auf die Seite www.wormworldsaga.com.
Die Wormworldsaga ist mehr als nur ein handwerklich gut gelungener Comic. Titelbild und Rückseite sind mit einem Logo geprägt¸ die Zeichnungen sprechen sofort an. Denn mit Jonas Berg und seinem Holzschwert sind wir gleich mitten in einer Geschichte¸ ohne sie zu kennen. Erst auf den folgenden Seiten werden wir in die Geschichte eingeführt. Kapitel 1 trägt den Titel Der letzte Schultag. Damit wird sehr schnell klar¸ worum es geht. Wir haben zuerst einmal einen unbekannten Erzähler¸ der uns an seinen Gedanken teilhaben lässt. Erst ein paar Seiten weiter wird klar¸ dass wir einen Rückblick ins Jahr 1977 durchführen und der Erzähler¸ die Hauptperson Jonas sein muss. Er verlässt die Grundschule¸ verliert seine Freunde und weiss selbst noch nicht¸ auf welche Schule er danach gehen wird. Sein Papa holt ihn von der Schule ab und gemeinsam geht es sofort zur Grossmutter¸ wie jedes Jahr. In eindringlichen Bildern lernen wir dort die Ängste des Jungen vor offenem Feuer kennen. Es gab in seiner noch jungen Kindheit einen Hausbrand¸ bei dem seine Mutter umgekommen ist¸ denn sie tauchte bisslang in der Erzählung nicht auf und wurde auch während der Autofahrt nicht erwähnt. Dafür gibt es etwas besonders. In Jonas' Zimmer gibt es eine versteckte Klappe¸ die in einen geheimen Raum des staubigen Dachbodens führt¸ von dem weder Oma noch Papa eine Ahnung haben. In seinem geheimen Hauptquartier hat er alle seine Schätze versteckt¸ von denen lediglich die ängstliche Katze Wiggins Ahnung hat.
Im zweiten Kapitel mit der Überschrift Die Reise beginnt¸ geht das Abenteuer von Jonas richtig los. Mit dem Hund Lotti läuft er in den Wald bekämpft imaginäre Kobolde und Trolle¸ fliegende Affen und anderes mehr. Beim Mittagessen erzählt er die ganze Geschichte seiner Oma und seinem Papa. Aber statt seine Aufgaben nach dem Essen zu machen¸ spielt er lieber. Seinem Papa zeigt er einige Übungsblätter¸ die er von seinem Freund Dennis bereits ausgefüllt in die Hände gedrückt bekam¸ bevor dieser in die Ferien fuhr. An einem weiteren Nachmittag nimmt das Abenteuer in seinem geheimen Hauptquartier Gestalt an. Die im wahrsten Sinn des Wortes¸ denn ein von ihm gemalter Käfer fliegt plötzlich vom Blatt los und will verschwinden. Jonas hinterher und plötzlich wird ihm klar¸ der Dachboden bietet noch viel mehr¸ als sonst gedacht. Plötzlich steht er vor einem von innen herausleuchtenden Bild. Doch es kommt schlimm für Jonas¸ denn er zeigt seinem Vater ein Übungsblatt¸ wo bereits die Lehrerin unterschrieben und einen Kommentar für Dennis hinterlassen hat. Der Vater ist natürlich wütend und Jonas erhält Hausarrest. Zudem soll er alle Übungen wiederholen. Aber statt dessen macht er sich auf den Weg in das Bild. Leider hilft sein Ariadne-Faden nicht viel¸ denn Wiggins zerreist den Faden und so verschwindet sein Einstieg in eine wunderbare Welt.
Ein ungeheuerlicher Wald ist nun der Titel des dritten Kapitels und zugleich eine Herausforderung für den Jungen. Denn er trifft auf ein riesiges Monster¸ dass ihn gern zerstückeln möchte¸ wird jedoch von einem Mädchen namens Raya gerettet. Sie soll Jonas zu ihrem Meister nach Ankal Aasha bringen¸ und hat anscheinend auf Jonas gewartet.
Und an dieser Stelle ist unerwartet der Comic zuende. Aber der Band noch nicht¸ sehr schön ist¸ dass uns Daniel Lieske ein wenig an der Entsteh-ungsgeschichte teilhaben lässt¸ Skizzen anfügt und auch bereits Fans hat¸ die seine Geschichte um ein paar Bilder ergänzen. Die Geschichte von Daniel lässt sich sehr gut ansehen und ist weit ab von Disney oder Marvel anzusiedeln.
Daniel zeigt¸ was mit Comics in Zeiten des Internets möglich ist. Während die Seite im Internet als ein langes Bild zu betrachten ist¸ nahm er für das Buch die alten Panels an¸ zum Teil mit grossformatigen bis ganzseitigen Bildern unterbrochen. Der Computer wird als neues Medium genutzt¸ das klassische Buch dient der Unter-stützung oder Am-Computer-lesen-Faulen wie mir¸ als einzige Möglichkeit sich dem Comic zu nähern. Während Daniel Lieske die Idee eines durchlaufenden Bildes konsequent für Wormworldsaga am PC umsetzt¸ geht er für das gedruckte Buch den althergebrachten Weg. Die Bilder sind alle für den PC gemacht¸ so sind sie dort im RGB-Modus anders anzusehen als im CMYK. Dennoch bleibt das Leuchten der Bilder erhalten. Das Spiel von Licht und Schatten ist gelungen¸ bis meisterlich. Da gibt es nichts zu meckern und die Figuren¸ es sind noch nicht sehr viele¸ sind wirklichkeitsgetreu¸ wenn es darum geht¸ die normale Welt zu zeigen. Und sie sind phantastisch¸ wenn es darum geht¸ die andere Welt zu zeigen¸ in der sich nun Jonas gefangen hat.
Nachteil¸ die glänzenden Seiten nehmen sehr schnell die Fingerabdrücke des Lesers an und spiegeln beim Lesen im Licht der Beleuchtung.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355