Die Stunde des Stiers
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Die von Iwan Jefremow beschriebene Zukunft ist in der Lage Raumflüge zu unternehmen. Ausgehend von der eigenen Gemeinschaft erreichen die Astronauten einen Planeten den sie Tormans nennen¸ der der Erde des Jahres 1970 entspricht. Daher ist es nicht verwunderlich¸ wenn die dort herrschende Gesellschaftsform in jedem Fall mit dem Kapitalismus¸ Kommunismus oder der Aristokratie gleichgesetzt werden kann. Denn der Unterschied in der Herrschaftstruktur liegt nur in der Form¸ wie sie an die Macht kommt. Im Vorwort des Autors geht er ein wenig auf die Geschichte seines Buches ein.
Die Herrschenden unterdrücken die Menschen. Wie im richtigen Leben¸ mittels Volkshetze und Beeinflussung ist dies den Einwohnern Tormans gar nicht recht bewusst. Die Vorfahren stammten von der Erde¸ um sich ein besseres Leben zu suchen. Diese Idee war sicherlich nicht verkehrt¸ doch wer nicht bereit ist loszulassen¸ wird sein ideologisches Gepäck mit sich herumschleppen. Die neue Gesellschaftsform hatte nie eine echte chance. Die alten Unterdrückungsverhältnisse wurden durch die neuen Herrscher ganz schnell wieder hergestellt. Als das Raumschiff Dunkle Flamme unter der Historikerin und Expeditionsleiterin Fay Rodis dort eintrifft¸ beginnen bei den Tormanern sich erste Erkenntnisse durchzusetzen¸ dass sie der Unterdrückung nicht entkamen. Die Herrschenden versuchen ihre Bevölkerung weiterhin in Unwissenheit zu lassen und den Neuankömmlingen das Wort verbieten will. Doch das ist noch nicht alles. Iwan Jefremow s Raumfahrer werden auch anderen Sachverhalten gegenübergestellt. Er greift die Umweltverschmutzung auf. Andere Themen sind die Ausbeutung der Rohstoffe und Hilfsmittel¸ die Wissenschaft und deren Missbrauch durch die Machthabenden¸ Zensur¸ Gängelung und ähnliches mehr. Dabei nimmt Iwan Jefremow kein Blatt vor den Mund sondern kritisiert frei von der Leber weg. Was für ihn dazu führte in der Heimat verboten zu werden. Es ist daher nicht ungewöhnlich¸ dass dieser Roman jetzt erst in deutscher Erstveröffentlichung erschien. Wenn wir dem Vorsitzenden des Rates Tschoyo Tschagas folgen¸ dann könnte er auch in Form einer uns bekannten Bundeskanzlerin und ihrer Industriellenlobby (oder heisst das Regierung auftreten.
Das Buch ist nicht leicht zu lesen. Es ist in vielen Dingen recht kompliziert und theoretisch. Gerade die theortischen Streitgespräche die die Raumschiffsbesatzungen führen¸ allen voran Fay Rodis und Grif Rift¸ sind es¸ die Anstoss erregen können. Und wenn es offiziell noch die Zensur gäbe¸ würde dieses Buch auch in Deutschland verboten. Gerade wenn sich Rodis mit Tschagas darüber streitet¸ verbotene Aufnahmen gesendet zu haben¸ wird deutlich wie die Unterdrückung des Volkes geschieht.
Dies Buch ist mehr als nur eine Zukunftserzählung mit sozialkritischem Inhalt. Es ist eine Abrechnung mit Staat und Obrigkeit. Allein aus diesem Grund müsste dieses Buch als Pflichtlektüre für jeden Schüler herhalten.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355