Die Strafe
Jo Beckett ist forensische Psychiaterin und Spezialistin für ungeklärte Todesfälle. Doch in diesem Fall wird sie nicht zu einem Toten gerufen¸ sondern zu jemandem¸ der noch lebt. Allerdings weiß zu diesem Zeitpunkt noch niemand¸ ob es sich bei Ian Kanan um den Täter oder um das Opfer handelt. Kanan kehrt von einer Geschäftsreise aus Afrika zurück und hat wegen einer Hirnverletzung sein Kurzzeitgedächtnis verloren. Ian lebt nur noch im Hier und Jetzt¸ schon nach wenigen Minuten kann er sich an jüngste Ereignisse nicht mehr erinnern. Gefangen in einer endlosen Zeitschleife hat er nur ein Ziel: seine Familie retten. Er weiß aus seinen Erinnerungen vor seiner Verletzung¸ dass seine Frau und sein Sohn in großer Gefahr schweben. Nun zieren diverse Notizen seine Haut¸ die Jo Beckett vor ein beinahe unlösbares Rätsel stellen¸ da sie die Motive für Kanans Handeln völlig falsch interpretiert. Doch Jo nimmt den Kampf auf. Mit Unterstützung der Polizistin Amy Tang und ihres Freundes Gabriel beginnt eine Verfolgungsjagd¸ in deren Verlauf sich die Motive von Kanans Handeln wie Puzzleteile aneinanderfügen.
Mit »Die Strafe« legt Meg Gardiner einen rasanten Thriller vor¸ der den Leser in Atem hält. Die ganze Story ist ein einziges Rätselraten¸ denn die Autorin lässt den Leser am »Puzzle« teilhaben. Doch es wäre kein rasanter Thriller¸ wenn Meg Gardiner dabei nicht von Anfang an einen atemberaubenden Spannungsbogen aufbauen würde. Und das tut sie bereits mit den ersten Worten. Als Leser blieb mir keine Zeit zum Verschnaufen¸ ich musste einfach wissen¸ wie es weitergeht. Und genau das Tempo ist es¸ was diesen Roman so besonders macht. Die Handlung selbst¸ die Charaktere¸ die Schauplätze sind allesamt nichts wirklich Neues und Besonderes. Da agieren Menschen mit Stärken und Schwächen¸ die sie gezielt einsetzen¸ und die im Zweifelsfall auch gern mal über sich hinauswachsen¸ weshalb sie teilweise etwas übertrieben daherkommen¸ was nicht zuletzt daran liegt¸ dass es keine gewöhnlichen Menschen sind¸ sondern eben welche mit besonderen Fähigkeiten oder einer besonderen Ausbildung. Nur deshalb vermögen sie es¸ den Kampf aufzunehmen. Das ist der Schwachpunkt an diesem Roman¸ als Leser erwartete ich irgendwann nichts anderes¸ als dass die Protagonisten mit den jeweiligen Situationen fertig werden würden.
Wenn nun die Charaktere mich nicht vollständig überzeugen konnten¸ die Handlung selbst tat es. Allein die Vorstellung¸ was mit Ian Kanan passiert ist und das Miterleben seiner Situation hielten mich beim Lesen in Atem. Wieder einmal wird dem Leser veranschaulicht¸ wozu die Wissenschaft in der Lage ist und wo ihre Grenzen sind. Der Schaden ist schnell angerichtet¸ doch ihn zu beheben¸ da werden die Grenzen ebenso schnell offenbar. So wurde die Handlung mit der Entwicklung der Figur Ian Kanan zwar etwas vorhersehbar ‐ es konnte nur einen logischen Schluss für ihn geben ‐ aber dies tat der Spannung keinen Abbruch. Denn die Autorin verstand es meisterhaft¸ eben diesen Schluss gekonnt in Szene zu setzen und dabei das vorgelegte Tempo nochmals drastisch zu erhöhen.
Alles in allem ist Meg Gardiner mit »Die Strafe« ein Thriller gelungen¸ der durch sein enormes Tempo und vor allem durch seine Spannung besticht. Die Handlungsstränge werden logisch zusammengeführt und als Leser erhält man einen Einblick in die psychologische Sichtweise einer Ermittlerin¸ die anhand von kleinen Indizien¸ Hinweisen und Spuren die richtigen Schlüsse zu ziehen vermag. Gerade das macht diesen Thriller so reizvoll¸ denn als Leser hatte ich das Gefühl¸ in diese Schlussfolgerungen mit einbezogen worden zu sein.
Eine Rezension von: Anke Brandt http://www.geisterspiegel.de