Die Siliziuminsel
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Wenn du Lust auf Hardcore-Klassiker-William-Gibson-Style-Cyberpunk hast¸ lies Die Siliziuminsel. Ich selbst hätte jedoch den Titel mit Abfallflut übersetzt¸ nur zieht der nicht so sehr. Dafür wäre dieser Titel treffender und bezieht sich auf die heutige Zeit¸ da der „Reiche“ Westen seinen Müll in den ärmeren Ländern entsorgt. Illegal. Halblegal. Legal. Aber den Industrieländern ist das Scheissegal.
Wenn Du ein Fan von Umweltliteratur¸ Volkskultur und Religion¸ sozialer Klasse in China und internationalen Mächten bist¸ die über die Zukunft unseres Planeten entscheiden¸ lies Die Siliziuminsel.
Madeleine „Max“ Maxwell wollte Archäologin werden¸ um Abenteuer zu erleben¸ unfassbare Entdeckungen zu machen und gelegentlich die Welt zu retten. Doch die Wirklichkeit holt sie ein: Archäologen verbringen ihre Zeit in Museen zwischen staubigen Büchern und noch staubigeren Fundstücken¸ die niemanden interessieren. Da erhält sie ein besonderes Jobangebot. Wenn sie die Zusatzausbildung übersteht – und die wenigsten tun das – wird sie Abenteuer erleben¸ die jene von Indiana Jones wie einen Sonntagsspaziergang aussehen lassen. Und wenn sie überlebt¸ wird sie wenigstens ein paar Mal die Welt retten …
Dieses Buch verspricht nicht nur Humor¸ sondern liefert diesen fast im Minutentakt. Verstehen Sie mich nicht falsch; es gibt Momente¸ in denen Tränen (für die sensibleren unter uns sicherlich die angemessenere Reaktion sind. Allerdings hat Jodi Taylor eine Formulierung¸ die mich erfreut. Jodi Taylor glänzt mit Witz und Sarkasmus¸ kann jedoch auch das Tragische und Verheerende erschaffen und durch Worte vermitteln. Ihre Erzählung kann beim unbeweglichsten Leser Emotionen wecken. Sie bietet Zwischenspiele mit trockenem Humor - die Ruhe vor dem Sturm -¸ aber ihre anschaulichen Nacherzählungen dieser dunklen Tage¸ in denen sie wortgewaltig Schlachten beschreibt¸ bringen eine Seite der Geschichte hervor¸ die viele von uns nicht berücksichtigen. Wenn wir die Chance hätten¸ zurückzukehren und die Ereignisse der Geschichte zu beobachten¸ könnten wir dann zusehen¸ wie Menschen sterben? Ich bin mir sicher¸ ich könnte das nicht.
So banal es klingt¸ ich nahm das Buch Eins auf und konnte es nicht absetzen. Natürlich gibt es einiges Negative. Es ist nicht linear in der Handlung; es gibt einige wissenschaftliche Dinge¸ die mein Wissen strapazieren¸ und ja ich musste einmal ein Lexikon befragen. In anderen Romanen dieser Art habe ich jedoch bemerkt¸ dass solche Ereignisse die Handlung nicht vorantreiben und einfach überflüssig erscheinen. Hier schheint die ‚Autorin ein gutes Verständnis dafür zu haben¸ wann sie das Sensationelle nutzen soll und wann nicht. Ihre fiktive Gruppe¸ bekannt als St. Mary's¸ ist dem Murphy's Gesetz nicht fremd¸ so dass ständig alles schief läuft. Ab und zu sitzt du da¸ rollst die Augen und gehst¸ "Ernsthaft¸ schon wieder?" Es gibt auch den gelegentlichen Wunsch¸ das Du-weisst-Was aus den Charakteren zu schlagen¸ besonders aus der Hauptfigur Max. Das ist wahrscheinlich ein Triumph von Taylors Charakter-Entwicklung¸ aber einige mögen es als geradezu ärgerlich empfinden. Ich konnte es in beide Richtungen sehen - es war ärgerlich für mich¸ weil ich keine fiktive Figur schlagen kann.
Der beste Rat¸ den ich geben kann - tu¸ was ich getan habe: lege deine Vorurteile beiseite und gehe mit einem offenen Geist hinein. Wenn Du nun leicht beleidigt bist von Sprache¸ Anspielungen oder geradlinigen grafischen Darstellungen natürlicher menschlicher Funktionen (allein oder zu zweit... Du weisst¸ was ich meine oder kannst es vermuten¸ dann solltest Du das Buch vielleicht nicht lesen. Ansonsten empfehle ich es. Der Spass an der Fiktion besteht darin¸ dass der Leser an der willigen Aussetzung des Unglaubens teilnehmen muss.
Im Original gibt es bereits sieben Bücher.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355