Die Scanner
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Jojo und Rob hatten eine erfolglose Woche¸ sie fanden kaum Leute¸ die Bücher gelesen haben und so kommt ihnen der Mann im Zug gerade recht. Der alte mit den auffällig langen Haaren¸ entgegen der Mode¸ Glatze zu tragen¸ sitzt dort und liest ein Buch. Rob und Jojo sind ganz wild darauf¸ dieses in ihre Hände zu bekommen und ihre Quote zu verbessern. Der Mann lässt die beiden abblitzen und verschwindet im Zug. Rob geht ihm nach¸ findet ihn jedoch nicht¸ sondern lediglich einen Hinweis auf einen Treffpunkt¸ geschrieben auf einem Toilettenspiegel. Der Hinweis gibt lediglich Ort und Uhrzeit an.
Rob findet heraus¸ dass der alte Mann gar nicht so harmlos ist¸ wie er aussieht. In Wirklichkeit wird er als Terrorrist gesucht. Arne Bergmann gehört zu einer Organisation „Die Büchergilde“ genannt¸ die im Untergrund gegen diesen Konzern arbeitet. Weil auf ihn ein hohes Kopfgeld ausgesetzt ist¸ wird er den Treffpunkt aufsuchen¸ um den Mann zu fangen und vor allem das hohe Kopfgeld einzustreichen¸ ohne mit Jojo teilen zu müssen. Kaum am Treffpunkt angekommen¸ läuft sein Plan völlig aus dem Ruder. Der Terrorist Arne Bergmann versucht den Scanner davon zu überzeugen¸ dass der Konzern Ultranetz¸ für den Rob und Jojo arbeiten¸ Bücher vernichtet¸ statt sie zu speichern und digital allen Menschen zugänglich zu machen.
Der Roman¸ hinter dem sich als Autor¸ laut Frankfurter Rundschau¸ Martin Schäuble verbirgt¸ ist ungewöhnlich¸ den man zum Science Fiction Genre zählen kann¸ aber nicht muss. Alles¸ was in Die Scanner beschrieben wird ist die heutige Gesellschaft¸ mit Abstrichen und Veränderungen und hat mit einem wirklichen Zukunftsroman nichts zu tun. Im Gegenteil¸ man sollte den Roman in die Sparte Social Fiction stecken¸ wenn man unbedingt eine Zuteilung durchführen will. Die Erzählung hat durchaus ihren Reiz¸ ist aber eher eine modernisierte Form von Ray Bradburys Fahrenheit 451 mit Anleihen an Aldous Huxleys Schöne neue Welt und Erik Blairs 1984. Es ist nicht weiter verwunderlich¸ wenn die Menschen Datenbrillen a la Google neuester Entwicklung tragen¸ die alles¸ aber auch wirklich alles¸ was sie erleben¸ aufzeichnen. Das gleiche gilt für Googles „Service“ Bücher einzuscannen und der Allgemeinheit¸ gegen Geld¸ zur Verfügung zu stellen oder Netze wie Werr-kennt-wen¸ Facebook oder Google+ sind in diesem Buch ständig vorhanden. Die Sicht auf die Wirklichkeit durch die Brille¸ Mobril genannt¸ ist sehr beschränkt. Wer jedoch versucht hinter die Kulissen zu sehen¸ wird feststellen¸ dass hier ein Konzern die Macht über alles und jeden anstrebt. In der Wirklichkeit sind wir schon kurz davor¸ oder warum nennt man es¸ wenn man eine Suchmaschine benutzt¸ googeln?
Gut gemacht von Martin Schäuble sind in jedem Fall¸ die zunehmenden Zweifel¸ die bei Rob aufkommen. Seine Sicht auf den Konzern wird kritischer und seine Loyalität gerät ins Wanken.
Martin Schäuble schrieb eine Art Allegorie¸ die den Leser aufklären und aufrütteln will. Es ist nicht nur eine Geschichte zu erzählen¸ es gilt¸ Gesellschaftskritik zu üben und diese jugendgerecht vorzustellen. Wer jetzt aber erwartet ein zweites 1984 zu lesen oder ähnliches wird enttäuscht. Dafür ist der Roman nicht gedacht.
Ein wirklich grosser Kritikpunkt ist¸ dass die Figuren zu oberflächlich bleiben. Die Handlung des Romans ist zudem recht sprunghaft und an manchen Stellen unerklärlich. Ansonsten bleibt für Buchliebhaber der blanke Horror. Eine Welt ohne Papier¸ eine Welt ohne Bücher¸ dafür totale digitale Überwachung. Gedruckte Bücher systematisch eingesammelt¸ digitalisiert und dann vernichtet¸ das ist verstörend¸ fesselnd¸ nachdenklich.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355