Die Saga der Blutgeschworenen 1: Nordnacht
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Es handelt sich um eine neue Serie von John Gwynne. Der Schatten der Götter, so der eigentliche Titel, ist in Anlehnung an seine andere Veröffentlichungen zu sehen. Auch wenn es keine direkten Anspielungen gibt, sind bei mir immer unterschwellige Gedanken an die anderen Bücher vorhanden. Das merkt man aber auch deutlich an die Anlehnung an alte Sagen. Beowulf (siehe auch Gudrunsaga und Beowulf, Verlag Saphir im Stahl) und Ragnarok erkennt man mehr als deutlich. Die Geschichte spielt in Vigrið, in einer Welt, in der die Götter Krieg führten, sich gegenseitig töteten und gefangen hielten. Die einzigen Überbleibsel von ihnen sind heute die Knochen und Reliquien sowie die Blutnachkommen der Verdorbenen. Die Jarls, Kriegsbanden und jedem, der sie sich leisten kann, versklaften, verkauften und als Bedienstete eingesetzt, sind sie ohne freien Willen. Sie verfügen über übernatürliche Kräfte, Magie usw., je nachdem, wessen Blut sie haben. Hier findet sich meiner Meinung nach ein Logikfehler, denn wenn sie stärker sind als die normalen Menschen, könnten sie sich jederzeit befreien.
Im Mittelpunkt stehen drei Personen: Orka, eine berühmte Kriegerin mit ausgezeichneten Kampffähigkeiten, ist gezwungen, auf eine Reise zu gehen, um die Entführer ihres Sohnes zu jagen und Rache zu üben. Varg, ein ehemaliger Sklave und Bauer, schliesst sich den Bloodsworn an, um den Mörder seiner Schwester zu finden. Elvar, die Tochter eines reichen Mannes, strebt mit dem Battle-Grim nach Ruhm im Kampf.
Die Charaktere sind für mich das wichtigste Element in jedem Buch. Selbst wenn das Tempo langsam wäre (was es war), würde es mich nicht stören, wenn ich die Figuren wirklich mochte. Leider war ich hier nicht beeindruckt. Ich konnte weder eine Verbindung zu ihnen aufbauen noch viel für sie empfinden. Mein Favorit war Orka, und ihre Kapitel haben mich am meisten interessiert. Nicht viel, um es klar zu sagen, aber mehr als die anderen. Vargs Kapitel haben mich anfangs dazu gebracht, mehr über ihn zu erfahren, aber später habe ich meine Neugierde verloren. Elvar gefiel mir definitiv am wenigsten. Nur ein paar ihrer Kapitel haben mich interessiert (als wir etwas über ihre Vergangenheit erfahren), aber selbst am Ende, als die Handlung ihren Höhepunkt erreicht hatte, war ich nicht an ihrem Teil der Geschichte interessiert. Ich fühlte mich einfach losgelöst von den Charakteren. Das bringt mich zu meinem nächsten Punkt: das Tempo. Ich weiss, dass die meisten Fantasy-Bücher ein langsames Tempo haben. Und das ist für mich in Ordnung. Aber wenigstens machen die Charaktere das manchmal wieder wett. Doch hier ging alles so langsam, dass ich in der Lesezeit, die ich habe, oft auf andere Dinge tat, etwa am eigenen Roman schreiben. Ich konnte mich für nichts anderes interessieren als für die armen Kinder. Elvars Kapitel halfen auch nicht, denn es passierte zwar einiges, aber das, was ich las, interessierte mich überhaupt nicht. Die Person, die ihre Kapitel gerettet hat, war die Hexe Uspa, weil ich mehr über sie wissen wollte. Der geschichtliche Teil war gut erzählt und die Beschreibung der Welt war für mich auch eine der Stärken des Buches. Als wir jedoch zum Ende kamen, konnte ich jederzeit aufhören zu lesen (ein schlechtes Zeichen) und fand es nicht sehr überzeugend (ich hatte etwas Umwerfendes erwartet). Ich hätte es mehr zu schätzen gewusst, wenn ich mich auf die Geschichte eingelassen hätte.
Eine weitere Sache, die mich störte, war das Fehlen eines Glossars. Für jemanden, der nicht mit der nordischen Mythologie vertraut ist, abgesehen vom Allgemeinwissen, fehlt etwas Hintergrund. Es gab Wörter und Begriffe, von denen manch ein Leser selbst am Ende des Buches keine Ahnung hatte, was sie bedeuten. Und in Anbetracht der vielen Figuren brauchte ich mehr Zeit als sonst, um mir zu merken, wer wer ist.
Erst am Ende sah ich, wie sich die Schicksale dieser Figuren miteinander verflechten und verbinden. Die Haupthandlung, oder sagen wir die gemeinsame Mission, ist der Grund, warum ich die Fortsetzung lesen möchte. Da sie nicht vollständig aufgelöst wurde, möchte ich sehen, wie Gwynne die Geschichte weiterentwickeln wird, zumal der Anteil der Götter gegen Ende des Buches zunahm. Abschliessend möchte ich sagen, dass ich glaube, dass die Fans von Gwynne dieses Buch mehr geniessen werden als ich. Die gesamte Geschichte hat mich so fasziniert, dass ich die Fortsetzung lesen möchte. Ich hoffe, dass sich das Tempo bis dahin erhöht (nach dem Ende wird es das sicher). Meine Rezension ist vielleicht grösstenteils negativ, aber ich habe den Aufbau der Welt und die Geschichte der Götter sehr geschätzt (und hätte sie mit einem Glossar noch mehr bewundert). Ausserdem bin ich neugierig auf einen bestimmten Handlungsstrang und die darin vorkommenden Figuren. Als Erstlektüre eines neuen Autors war es nicht so schlecht, aber ich habe viel mehr erwartet und bin traurig und enttäuscht, dass ich dieses Buch nicht mehr zu schätzen weiss.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355