Die Blake und Mortimer-Bibliothek: Das Geheimnis der Grossen Pyramide
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Der Comic erzählt die Abenteuer von Philip Mortimer¸ eingeladen von einem befreundeten Ägyptologen¸ Ägyptologe Ahmed Rassim Bey in Kairo. Tatsächlich machte Ahmed eine außergewöhnliche Entdeckung¸ indem er einen von Manetho signierten Papyrus fand¸ dem berühmten Historiker¸ dessen Schriften nach dem Brand in der Bibliothek von Alexandria verloren gegangen sind. Ahmed Rassim Bey sucht nach einer Geheimkammer von Horus und seinem Schatz in der Großen Pyramide.
Der Professor begibt sich nach Ägypten um Fragmente des Papyri zu entziffern¸ die dem Priester Manetho zugewiesen sind¸ die eine Sensation unter den Ägyptologen darstellt. Manetho existierte tatsächlich und lebte im 3. Jahrhundert vor Christi. Unter der Regentschaft Ptolemaios II. schrieb er das dreibändige Werk Aegyptiaca über dreieinhalb Jahrtausende ägyptischer Geschichte. Jetzt finden sich diverse Fragmente in gerade entdeckten Mumienbinden¸ was Mortimer begeistert. Es folgen Hinweise¸ das neben der wissenschaftlichen Sensation an sich¸ auf eine Stelle besonders hingewiesen wird¸ die für die Forschung interessant ist. So soll die Grosse Pyramide mit der Sphinx durch einen Gang verbunden sein. In der sogenannten Kammer des Horus wird der Schatz des Amenophis IV. vermutet¸ der der Nachwelt eher unter den Namen Echnaton bekannt ist. Das lockt natürlich viele Glücksritter an. Einer davon ist der bekannte Colonel Olrik¸ der keine Skrupel kennt¸ seine Ziele zu verwirklichen.
Edgar P. Jacobs Meisterwerk verdient diesen einzigartigen Rahmen¸ der die beiden Originalbände zu einem einzigen vereint. Der Mensch ist akribisch¸ fleißig¸ und die extreme Sorgfalt¸ mit der er bis ins kleinste Detail geht. Dafür bietet er wahrscheinlich die vollständigste¸ interessanteste und der komplexeste Comicgeschichte über Ägypten. Diese beiden Comics sind mit einem auf wissenschaftlicher und historischer Ebene sehr begehrten Szenario ausgestattet¸ mit großen Rätseln¸ sehr vielen Charakteren¸ Spannung¸ Action.
Ägypten als Wunderwelt der Antike war mit der Entdeckung des Grabes von Tutanchamun durch Lord Carnarvon und Howard Carter im Jahr 1922 ausgelöst worden. Der angebliche Fluch¸ der die Mitglieder dieser Expedition traf¸ inspirierte später sowohl Agathaa Christie ( Das Abenteuer des ägyptischen Grabes ¸ 6. Roman mit Hercule Poirot als auch Hergé selbst. Die Zigarren des Pharaos ¸ wurde 1934 (andere Quellen 1932 veröffentlicht und zeigte einen Tintin¸ (zu deutsch Tim und Struppi der mit Opiumhändlern¸ aber auch mit dem seltsamen Ägyptologen Philemon Siclone kämpfte¸ auf der Suche nach dem Grab eines mysteriösen Pharaos. Edgar P. Jacobs¸ der mit Hergé an vielen Alben des kleinen Reporters zusammengearbeitet hatte¸ arbeitete nicht an diesem Abenteuer. Professor Jean Capart¸ einem Spezialisten für das alte Ägypten¸ wird von Jacobs genutzt¸ um seinen eigenen schelmischen und launischen Doktor Grossgrabenstein in Das Geheimnis der grossen Pyramide einzuführen. Das Geheimnis des Schwertfischs¸ die allererste Geschichte von Captain Blake und Professor Mortimer¸ wurde von den Lesern der Zeitung Tintin sehr positiv aufgenommen¸ als sie zwischen 1946 und 1949 auf den Seiten der Zeitschrift veröffentlicht wurde. Captain Blake ist in der ersten Erzählung gar nicht vorhanden¸ es ist eher die Erzählung um Mortimer und seinen Diener Nasir. Und natürlich auch Colonel Olrik¸ der ewige Nemesis von Blake und Mortimer¸ dem Jacobs ironischerweise seine eigenen Gesichtszüge verlieh¸ erhält ebenfalls eine neue Dimension. Er ist kein Soldat mehr im Dienste eines verrückten Tyrannen¸ sondern ein eleganter Gangster¸ der wieder in den Kunsthandel zurückversetzt wurde. Ihm zu Seite Handlanger¸ die für ihn die Drecksarbeit übernehmen und¸ die ihn bei all seinen schlechten Taten begleiten. Der Wiederaufbau Ägyptens auf dem Weg in die Moderne auf der aber auch das Gewicht einer tausendjährigen Geschichte ruht¸ ist umso bemerkenswerter¸ als Jacobs wegen "ungünstiger wirtschaftlicher Umstände" nach seinen eigenen Worten nicht einmal dorthin reisen kann.
Trotz verschiedener Unterbrechungen wurde die Veröffentlichung des Mysteriums der Großen Pyramide im Mai 1952 abgeschlossen. Es ist ein Meisterwerk¸ das seine Leser zwei Jahre lang auf Trab hielt¸ eine Art Hollywood-Blockbuster¸ mit einem narrativen und dramaturgischen Tempo¸ das im Comic seiner Zeit seinesgleichen sucht¸ dessen kühnes Layout und Schnitt viele Jahre später ein unerwartetes Echo in den Werken finden wird.
Der Band enthält neben vielen Informationen über das Werk auch Zeichnungen¸ Titelbilder¸ Tuschezeichnungen und Bilder als Bleistiftzeichnung und als Farbstudie. Diese Informationen fand ich fast interessanter als den Comic selbst. Der Vorteil dieser „zwei in eins“ Erzählung ist¸ in den einzelnen Bildern sieht man Hintergrund. Nicht wie in den schnelllebigen Produktionen heutiger Zeit wo einfach nur ein einfarbiger Hintergrund gezeigt wird. Besondere Mühe gab sich der Zeichner bei den grossformatigen Zeichnungen. Fast 70 Jahre¸ nach der Erstveröffentlichung 1946 - 1949 erkennt der Leser immer noch¸ die Liebe zum Detail¸ die in der Geschichte steckt. -
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355