Die 7. Zeugin
Das neue Werk von Strafverteidiger Florian Schwiecker und Rechtsmediziner Michael Tsokos beginnt wie so viele andere Krimis auch: mit einem Mord. Aber anders ist hier, dass man den Täter von Beginn an kennt und die Story erst nach der Verhaftung beginnt, mit der Frage nach dem Warum ?!
Es ist ein ganz gewöhnlicher Sonntagmorgen in einem Stadtteil von Berlin. Viele Menschen schlafen noch, andere machen Sport, einige kaufen Brötchen für die Familie. So auch Nikolas Nölting, stolzer Familienvater, glücklich verheiratet mit einem sicheren Job als Beamter. Er verabschiedet sich liebevoll von Frau und Tochter und fährt mit dem Fahrrad zu seiner Stammbäckerei. Davor sieht er einen Polizisten stehen, überwältigt diesen plötzlich und geht mit dessen Waffe in die Bäckerei, um um sich zu schießen. Dabei tötet er einen Mann, zwei andere werden verletzt. Das alles geht so schnell, dass sich Nikolas schon ergebend auf den Boden gelegt hat, bevor die allgemeine Panik losbrechen kann. Schnell wird er festgenommen und kommt ins Gefängnis. Zu seinem Motiv schweigt er beharrlich. Seine völlig verzweifelte Frau engagiert einen Anwalt für ihren Mann: Rocco Eberhardt. Da der Fall des "Beamten Killer" durch alle Medien geht, möchte Rocco gerne hinter das Motiv seines Mandanten kommen, aber bei jedem seiner Besuche im Gefängnis schweigt sich Nikolas Nölting aus. Der Prozess beginnt und Oberstaatsanwalt Dr. Bäumler, der die Anklage vertritt, glaubt den Fall schon gewonnen zu haben. Niederlagen kann er überhaupt nicht leiden und er sucht die Medienaufmerksamkeit wie die Motte das Licht. Anders Rocco Eberhardt, der im Stillen ermittelt und sich Hilfe von seinem Freund Tobias Baumann, Ex Polizist und Privatdetektiv, sowie dem Rechtsmedizner Dr. Justus Jarmer sucht. Dieser ist zuerst nicht begeistert, bei der Verteidigung eines hinterhältigen Mörders helfen zu sollen, findet es aber dennoch merkwürdig, dass Nölting bei dem Anschlag einen Menschen gezielt niederstreckte, die anderen zwei aber nur leicht verletzte. Fast scheint es , dies wäre Absicht. Die beiden Männer verfolgen immer neue Indizien und kommen so einem Motiv des Schützen immer näher. Dass sie sich dabei auch mit dem obersten Mafiaboss von Berlin anlegen, spüren sie bald am eigenen Leib, und Roccos Familie wird in den Fall mehr involviert, als Rocco es verantworten kann. Am Ende muss er sich entscheiden, mit oder gegen die Mafia zu verhandeln.
Das Buch ist der Auftakt einer neuen Reihe um Rocco Eberhardt und Justus Jarner, die ein Ermittlerduo bilden, deren Partnerschaft auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen basiert. Außerdem bekommt man Hintergründe über Roccos Familie mit, deren Verhältnis nicht das Beste ist und aus unausgesprochen Vorwürfen besteht. Und auch wenn hier oft "nur" die einzelnen Verhandlungstage dokumentiert sind, ist es spannend und sehr authentisch geschrieben. Man kann sich als Leser entscheiden, ob man für oder gegen den Angeklagten ist, denn Mord bleibt Mord, egal welches Motiv. Aber man lernt auch Situationen kennen, bei denen man sich fragt, wie würde ich in diesem Fall handeln. Dass die beiden Schriftsteller hier vom Fach sind und genau wissen, wovon sie schreiben, merkt man sofort. Es wird viel Hintergrundwissen verwendet, ohne theoretisch oder langweilig zu werden. Das Buch ist durch seine sehr kurzen Kapitel schnell zu lesen und lässt am Ende schon den Plot für den Folgeband erahnen. Da kann ich nur hoffen, dass dieser nicht zu lange auf sich warten lässt.
Eine Rezension von: Susanne Schreiber