Der Rote Krieger
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Der rote Ritter¸ wie er sich nennt und seinen wahren Namen verweigert¸ reist unter der Flagge mit drei Lac d’Amour in Gold auf sandfarbenem Feld nach Lissen Carak. Die dortige Äbtissin hat ihn und seine Männer angeheuert¸ weil sich aus der unterbesetzten Stadt Albinkirk keinen Schutz erhalten konnte. Für 21 Florin pro Monat und pro Mann soll er die Abtei beschützen. Das ist nun wahrlich nicht viel Geld¸ wenn man dafür sein Leben riskieren muss. Am Rande der Wildnis gelegen sind der Ritter und seine Mannen dazu da¸ die Übergriffe der Monster aus der Wildnis zu unterbinden und zurück zuschlagen. Der rote Ritter und seine Kämpen erwarten eher einen ruhigen Auftrag. Was ist schon ein Monster? Das ist doch schnell zurückgeschlagen. Andererseits ist es nicht gerade einfach¸ wenn das Monster im Doppelpack auftritt oder es noch mehr werden. Die Abtei besitzt genügend Geld¸ genug um die Söldnertruppe zu beschäftigen. Mit der Anzahl der auftretenden Gegner wird der Krieger schnell misstrauisch. Die Äbtissin scheint ihm etwas zu verheimlichen. Aus ihrer sicht mag das auch in Ordnung sein¸ denn der rote Krieger¸ oder auch Hauptmann¸ wie er allenthalben genannt wird¸ ist kein gottesfürchtiger Mann. Das Beginnt schon damit¸ dass der rote Krieger an ein Gehöft kommt¸ in dem alle Bewohner niedergemacht wurden und er sich wundert¸ warum die Bestien der Wildnis es schafften¸ bis dorthin zu kommen¸ gab es doch bis zur Mauer des Gehöfts keine Versteckmöglichkeit. Aus diesem „Einzelfall“ ergeben sich im Lauf der Erzählung weitere „Einzelfälle“ die sich jedoch im weiteren Verlauf zu einer grossen¸ allumfassenden Bedrohung ausarten.
Miles Cameron lehnt seine Welt an Grossbritannien an¸ das beginnt bei der Stadt Harndon¸ die an London erinnert¸ den Fluss Albin¸ der die Themse sein könnte¸ bis hin zum Hadrianswall als grossen Wall bezeichnet. Soweit ist alles in Ordnung. Auch dass er die katholische Kirche als mythologischen Hintergrund nimmt. Was mir nicht so gefiel war sein Wissen als Experte auf dem Gebiet mittelalterlicher Geschichte. Ob gewollt oder ungewollt¸ mir sind die vielen einzelnen Beschreibungen zu viel¸ zu aufdringlich. Sein aussergewöhnliches Wissen über die Kriegskunst im Allgemeinen und die Wafffenkunst im Speziellen sind durchaus eine detailreiche Bereicherung der Erzählung. Der autor schreibt recht flüssig¸ aber mit zu vielen Perspektivwechseln. Positiv zu vermerken ist¸ dass über jedem Kapitel steht¸ wer erzählt¸ wirkt aber im ersten Moment recht verwirrend¸ immer wieder aus einer neuen Perspektive zu sehen¸ was geschieht. Letztlich verbinden sich alle Erzählstränge zu einem sehr interessanten und spannenden Buch. Dabei ist sehr positiv hervorzuheben¸ dass am Schluss alle Handlungsstränge ein gemeinsames Ende gefunden haben. Ein weiterer Pluspunkt ist¸ dass der Wilhelm Heyne Verlag auf dünnes Papier drucken liess. So konnte der Roman als ein Band herausgegeben werden. Bei 1162 Seiten kein leichtes Vorhaben. Als Leser hat man also ein gewichtiges Werk der High Fantasy in den Händen. Hier findet sich all das wieder¸ was bei Tolkien begann und mit vielen anderen Werken fortgeführt wurde¸ quasi als Konzentrat.
Ein beeindruckendes Werk.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355