Der letzte Schattenschnitzer
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Allerdings musste er einsehen¸ dass er den ihm entgegenwirkenden Kräften nichts entgegenzusetzen hatte. Seine wenigen Freunde¸ die sich ihm und seiner Sache widmeten¸ wurden gnadenlos gejagt¸ gefoltert¸ gequält und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die Schattenschnitzer der Chaldäischen Schule verloren ihre Schatten¸ die von ihren Gegnern¸ den Schattensprechern im Limbus eingekerkert wurden. Nun steht Ripley auf verlorenen Posten. Er befürchtet zurecht¸ von den Schergen der Kirche und den Schattensprechern aufgespürt zu werden. Auch er würde¸ zumindest sein Körper¸ den reinigenden Flammen der Inquisition übergeben werden. Seinem Schatten hingegen würde wie allen anderen bisher¸ der Limbus drohen. Um eines Tages fliehen zu können¸ schafft er es¸ das Eidolon¸ einen künstlichen Zugang zum Limbus¸ sicher vor den Verfolgern zu verbergen und vor deren Zugriff zu schützen.
Einige Jahrhunderte später scheint die Zeit gekommen zu sein¸ den alten Fluchtplan des Alchemisten in die Tat umzusetzen. Es gilt¸ die gefangen genommenen Schatten zu befreien und somit Gott herauszufordern. Es gilt mit der Hilfe¸ der im Limbus gefangengesetzten Schatten die Herrschaft über die Menschheit anzustreben¸ der Kirche und den Schattensprechern Paroli zu bieten. Ein Plan¸ der in die Tat umzusetzen viel Kraft und Tücke erfordert. Dazu gehört die Geburt zweier Kinder¸ die sich nicht kennen und die ihren eigenen Zweck nicht kennen aber erfüllen sollen. So werden nun zwei Kinder geboren¸ mit unbestimmten Ziel und Zweck. Eine davon ist das Mädchen Maria¸ ein Körper ohne Seele¸ in dessen Hülle das Eidolon schlüpfte. Das Eidolon benötigte Platz und so musste die Seele des Neugeborenen weichen. Die andere Person ist der Junge Jonas Mandelbrodt. Ihm ist es vorherbestimmt¸ einmal der mächtigste Schattenschnitzer der Welt zu werden. Jonas wird¸ seit er die Augen nach der Geburt öffnete¸ von seinem eigenen Schatten unterrichtet. Die vergessenen Künste der Alchimisten¸ die allseits verbotene Magie der Schattenschnitzer¸ die geheimen Erkenntnisse über Gott und die Welt und vor allem¸ wie man sie anwendet. Eines Tages¸ so sein Schicksal es zulässt¸ wird er über das Wohl und Wehe der Welt entscheiden.
Und schon bald scheint das Schicksal der Welt besiegelt. Die mächtigen Siegel¸ die den Zugang zum Limbus schützen¸ damit keiner von dort entweichen kann¸ werden eines nach dem anderen erbrochen. Der schützende Rat wird verraten und irgendwo treibt ein Verräter sein Unwesen¸ der die Unsterblichen Schattensprecher einen nach dem anderen ermordet.
Ich kenne den Autor Christian von Aster nicht¸ der immer wieder als ein Meister des geschriebenen und des vorggetragenen Wortes sein soll. Zumindest seine Bücher¸ die ich kenne¸ sind sehr pointiert¸ sprühen vor Esprit und machen Spass beim Lesen. In dem vorliegenden Roman Der letzte Schattenschnitzer greift er neben der reinen Jugendbuchthematik das Thema Alchemie auf¸ wie es nur allzu häufig der Fall ist. Dabei hält er sich nicht an einem bestimmten Teilbereich auf¸ sondern greift auch zu Themen¸ die lange nicht mehr in der Literatur aufgegriffen wurden. Dazu zählt auch der Golem des Rabbi Löw¸ der im Judenghetto in Prag sein Unwesen trieb. Gleichzeitig greift er das immer beliebtere Thema Engel auf und verbindet es mit der dunklen Seite¸ den Schatten. Allerdings bin ich der Meinung hier war etwas zu viel des Guten. Vor allem weil er vom ernsten zum humorvollen Thema springt¸ wie Kinder bei einem Seilhüpfen. Das mag für den einen lustig wirken¸ ein anderer Leser ist eher der Meinung¸ es nervt.
Im Grossen und Ganzen ist der Roman durchaus unterhaltsam¸ aber nicht immer ansprechend. Die Frage die sich mir stellte war¸ will er unterhalten oder zum Nachdenken anregen. Beides ist durchaus lobenswert¸ aber in dieser Zusammenstellung nicht ganz gekonnt umgesetzt.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355