Der letzte Getreue der Königin
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Heil und Zukunft Merciens hängen davon ab¸ Adeligen und Verbündeten einen Schwur abzuringen: auf die Knochen des Heiligen Oswald. Doch die müssen erst aus dem Norden geborgen werden: Wikingerland. Wulfgar¸ Priester und Sekretär der Königin¸ ist überrascht¸ dass man ausgerechnet ihn für die gefährliche Mission auswählt. Doch die Königin hat ihre Gründe. Zusammen mit Ednorth¸ einem jungen Adeligen¸ begibt er sich auf die Reise ins Feindesland... Verlagstext
Der Roman spielt in England im Jahre 900 nach Christus. Im Mittelpunkt der Erzählung steht der zu Beginn eher naiv-weltfremde¸ den Wissenschaften zugetane Priester Wulfgar. Es ist die Zeit auf den britischen Inseln¸ als es mehr als nur ein Königreich gab und die katholische Kirche langsam ihren Einfluss ausdehnte. Gleichzeitig mit den Streitereien der britischen Könige untereinander¸ gibt es die Wikinger¸ die zwischen den verfeindeten Königreichen zu zeitweiligen Bündnissen führen¸ um die Wikinger zu bekämpfen. Meist hält so ein Bündnis aber nicht lange. Nach dem Tod von König Alfred entbrannte ein erbitterter Machtkampf zwischen Alfreds Sohn Edward als König von Wessex¸ und Athelred¸ seinem Schwager. Athelred ist mit Edwards Schwester Athelfleda verheiratet und König von Mercien. Edwards Schwager ist sterbenskrank und dem Tode Nahe. Edward wartet nur darauf¸ nach dem Tod Athelreds dessen Königreich zu übernehmen. Gleichzeitig plant er¸ die im Osten Merciens siedelnden Dänen zu vertreiben. Königin Athelfleda kennt ihren Bruder nur zu gut. Um die Pläne von Edward zu stören und zu verhindern beauftragt sie den jungen Priester Wulfgar¸ den Schrein des heiligen Oswald aus dem Kloster Bardney nach Gloucester zu bringen. Dem heiligen Oswald werden Wunderkräfte und Wunderheilungen zugesprochen¸ die Athelfleda nutzen will. Wulfgar ist jedoch in doppelter Mission unterwegs. Der adlige Athelwald überreicht ihm eine geheime Botschaft. Der heikle und gefährliche Auftrag soll ausgerechnet den Jarls der Wikinger übergeben werden.
Der wissenschaftsverliebte Priester Wulfgar ist nun ganz und gar nicht die Person¸ die ich für eine solch wichtige Mission ausgesucht hätte. Er ist alles andere als ein Kämpfer und wenig heldenhaft. Mit der gefährlichen Mission ist er allein sicher überfordert. So erhält er in den kämpferischen Ednoth einen temperamentvollen Hitzkopf¸ der durch seine Art das ein oder andere Unglück heraufbeschwört. Zu zweit unterwegs treffen sie auf einen weiteren Priester¸ Vater Ronan. Er ist ein Prediger mit Herz und Verstand¸ aber vor allem mit Menschenkenntnis und Lebenserfahrung¸ die den beiden anderen Männern fehlt. Die Dänin Gunnvor Bolladottir ist die vierte Person¸ die das reisende Quartett vervollständigt. Sie ist eine kkämpferische Frau die die drei Männer aus ihren eigenen Gründen heraus begleitet.
V. M. Whitworth erzählt eine Geschichte¸ die mir nur zu bekannt vorkommt¸ ohne jetzt sofort sagen zu können¸ wo ich dies bereits gelesen habe. Aber immerhin beschreibt V. M. Whitworth ihre ausgewählten¸ zum Teil historisch verbürgten Figuren mit viel Einführungsvermögen. Ihre Handlungsträger haben Stärken und Schwächen und müssen nicht nur zusammenfinden¸ sondern auch miteinander auskommen. Nachdem sich die vier Reisenden aneinander gewöhnt haben¸ entsteht eine streckenweise humorvolle Erzählung. Spannende Abenteuer mit „Aufwärmmonstern“ sorgen für einen sich steigernden Spannungsbogen. Gerade der Hauptheld Wulfgar macht auf der Reise eine stetige¸ manchmal überraschende charakterliche Entwicklung durch. Aus dem Jüngling wird ein Mann. Er lernt nicht nur¸ sich im Kampf zu behaupten¸ er muss auch ein ums andere Mal seine vorgefassten Einstellungen und Meinungen über Land und Leute neu fassen. Neben den Helden werden auch viele Nebenfiguren eingeführt¸ die nicht nur Nebenfiguren darstellen. Jede ist stimmig beschrieben und wirkt authentisch. Immer vorausgesetzt¸ man kennt die gleichen Quellen. In anderen Beschreibungen der Historie stellen sich jedoch Unterschiede zu ihren Figuren her. Alles in allem kann ich diesmal sagen¸ ein überzeugendes Debüt.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355