Der König des Mars
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Ein Zeichner und Autor¸ der sich mit Depressionen plagt und als Hausmann nur bedingt zu gebrauchen ist¸ hat ein dickes Problem. Für sein eigenes Comicheft Pickle hat er lange nichts geschrieben. Seinen Vertrag mit einem Verlag¸ kann er auch bald abschreiben¸ denn für die Serie Lady Night kommt auch nichts zustande. Er soll den ehedem erfolgreichen Comic weiterführen. Der Abgabetermin hat sein Verfalldatum schon längst hinter sich. In einer überarbeiteten Nacht wird Lady Night plötzlich lebendig und sehr verführerisch ¸ die sich alle Mühe gibt¸ ihn zu verführen. Aber Sam ist verheiratet. Wenig später wird Sam als Redner für einen Comic-Fachkongress eingeladen. Hier lernt er die Blog-Comic-Künstlerin Alice kennen. Mit ihr gelangt ein mysteriöses altes Comicheft in seinen Besitz. Die Handlung des Heftes speilt auf dem roten Planeten¸ als unserem Mars. Sam Zabel ist von diesem Heft fasziniert¸ doch lassen seine Depressionen noch nicht zu¸ dass er sich ganz der Geschichte hingibt. Je länger er jedoch das Heft durchliest¸ desto mehr ist er bereit¸ sich in die Geschichte zu verlieren. Und schon bald trifft er auf die unterschiedlichsten Figuren¸ zum Teil seiner eigenen Phantasie. Ein Mädchen mit Raketenstiefeln taucht im Laufe der Handlung auf und fliegt mit Sam in eine tiefe Felsspalte. Unter der Marsoberfläche¸ lebt eine uralte Zivilisation¸ die den Depressionisten Sam als ihren Herrscher anerkennt. Ihm stehen als König ein Harem mit eine Heerschar grünhäutiger Frauen zu¸ die ihm versichern ihn zu lieben und Sex mit ihm wollen¸ in dem glatt fünfzig Personen Platz finden. Aber Sam ist verheiratet. Es gibt jedoch noch rothäutige Marsianer-Männer¸ die sich mit den grünhäutigen Marsianer-Frauen im Krieg befinden. Doch das kann unser neuer König schlichten. trotzdem stellt sich Sam die Frage¸ ob er für das¸ was in diesem Comic geschieht¸ verantwortlich ist. Jemand anderes hat diesen Comic gemalt und somit wäre Sam fremdbestimmt. Wo sind also die moralischen Grenzen anzusetzen?
In seiner Graphic Novel Der König des Mars schuf Dylan Horrocks eine fantasievoll-philosophische Comic-Geschichte. Nach seinem Comic Hicksville erforscht Dylan Horrocks auf witzige¸ erotische und geistreiche Weise die Comicwelt. Er berichtet von dem fiktiven Comiczeichner¸ der sich plötzlich mit seiner eigenen¸ verschüttet geglaubten Phantasie konfrontiert sieht. Der neuseeländische Zeichner gestaltet die Handlung nicht nur in unterschiedlichen Genres mal verrückt¸ mal aaufreizend¸ sondern bietet letztlich ein sehr unterhaltsam und lesenswertes Heft. Dylan Horrocks geht es in seinem Comic um die Frage¸ inwieweit wir uns selbst mit Fantasie heilen können und was Geschichten für unser Leben bedeuten¸ sofern wir in der Lage sind¸ an sie zu glauben. Durch den Einbau von Abenteuerelementen und allerlei überraschenden Wendungen wird der Leser nicht nur zu einem Leser¸ durch die vielfältige Handlung findet er sich bald in der Rolle eines Moralapostels wieder. Denn wenn Sam sich nicht entscheiden kann¸ ob er Verantwortung übernehmen soll¸ kann es dann der Leser?
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355