Der Jünger des Teufels
"Keine Nacht sollte so kalt sein¸ kein Winter so wei߸ kein Tod so grauenhaft." Mit diesen Worten lädt uns der irische Thrillerautor Glenn Meade auf eine nervenzermürbende Irrfahrt des Grauens ein. Sobald der Leser dieser Einladung folgt¸ findet er sich bereits an der Seite der FBI-Agentin Kate Moran wieder¸ die auf dem Weg zu einer Hinrichtung ist¸ dem Endpunkt einer kräftezehrenden Jagd auf einen Serienmörder darstellt. Constantine Gemal¸ der Jünger des Teufels¸ hat mehrere bestialische Ritualmorde in dunklen Kellergewölben¸ U-Bahnschächten und Katakomben in den USA und Europa begangen und damit seine Umwelt mit Grauen erfüllt sowie Kate Moran und ihr Team in Atem gehalten. Je grausamer Gemal mordete¸ desto verbissener wurde er von Moran gejagt. In dem Moment¸ da sie ihm zu nahe gekommen war¸ bestrafte er sie¸ indem er ihren Verlobten und dessen Tochter ebenso bestialisch umbrachte¸ wie alle anderen Opfer zuvor auch. Dieser traumatische Rückschlag ließ Kate jedoch nur noch fanatischer nach ihm jagen¸ bis hin zur Selbstaufgabe Als man ihn endlich zu fassen bekommen hatte¸ war dies für Kate eine Erlösung¸ die durch Gemals Hinrichtung ihren Höhepunkt erreichen sollte.
Noch bevor Constantine per Todesspritze hingerichtet wird¸ vertraut er Kate an¸ dass er die Morde an ihrem Verlobten und dessen Tochter nicht begangen habe¸ und schwört ihr¸ dass er aus der Hölle zurückkehren und sie mit sich nehmen werde. Als Gemal dann unter Kates Augen hingerichtet wird¸ scheinen diese letzten Worte keine Bedeutung mehr zu besitzen¸ denn was könnte er ihr noch anhaben? Doch bleiben Zweifel¸ was seine Behauptung betrifft¸ er habe nicht Kates Lieben ermordet.
Noch ehe sich Kate eine lang verdiente Ruhepause von der anstrengenden Arbeit - der Jagd auf Gemal - gönnen kann¸ tauchen neue Opfer auf. Alles deutet auf einen Nachahmungstäter hin. Kate wird von ihrem Chef Lou Raines erneut mit dem Fall betraut. Dabei gerät sie in ein Geflecht aus kollegialen Intrigen¸ Missgunst¸ aber auch tödlichen Racheabsichten.
Glenn Meade hat es einmal mehr verstanden¸ einen Thriller allererster Güte zu präsentieren. Von der ersten bis zur letzten Seite schlägt der Autor seine Leser in Bann und mit jedem Schritt¸ den der Leser der Protagonistin Kate Moran auf ihrer verzweifelten Suche nach der Wahrheit folgt¸ gerät er unweigerlich in den Strudel von abgründigen menschlichen Gefühlen.
Die Psyche des Menschen offenbart sich hier in einer dramatischen Weise¸ dass es einem nicht nur den Atem verschlägt¸ sondern durch Mark und Bein fährt. Die gekonnt eingesetzten Erzählerperspektivwechsel¸ zum einen aus Sicht von Kate Moran in der ersten Person geschrieben und zum anderen aus der Sicht des Täters¸ wie aber auch aus der Sicht der anderen an dem Fall beteiligten Personen¸ erzeugt eine Spannung¸ die einen das Buch wie magisch in Händen halten lässt.
Dennoch gibt es auch bei Glenn Meade - einem erfahrenen Profi seines Fachs - einige Stellen¸ in denen offenbar wird¸ wo die Tücken von Fiktion liegen. So bucht unsere Protagonistin einen Flug mit der Air France von USA nach Paris¸ um sich dann im nächsten Kapitel auf besagtem Flug zu befinden¸ aber in der Maschine einer amerikanischen Airline zu sitzen. Dies sind zugegebenermaßen Spitzfindigkeiten¸ die aber gerade dann ins Gewicht fallen¸ wenn sie so kurz hintereinander auftauchen und entsprechend augenfällig daherkommen.
Die Chronologie des Grauens ist von einer bestechenden Überzeugungskraft¸ die über solche kleineren handwerklichen Unebenheiten hinwegsehen lässt. Die Fülle an unterschiedlichen Varianten dessen¸ was geschehen sein könnte und wer der oder die wahren Täter sind¸ ist ebenso berauschend¸ wie auch angenehm verwirrend. Immer wenn man als Leser meint¸ einer plausiblen Lösung für das Rätsel nähergekommen zu sein¸ zerrinnt sie uns zwischen den Fingern. Der Autor platziert so geschickt Anhaltspunkte¸ die wiederum in eine andere¸ nicht minder interessante Richtung zu deuten scheinen. Dieses Verwirrspiel hält der Autor bis zum bitteren Ende durch¸ was sicherlich zu einem seiner Charakteristika zählt und Glenn Meade zu dem Thrillerautor¸ der er ist¸ macht.
Fazit:
Jedem sei empfohlen¸ sich von dem Autor in diesen literaturgewordenen Albtraum entführen zu lassen und sich Seite für Seite dem Grauen und seiner Offenbarung zu nähern. Je tiefer man eindringt in die Untiefen der menschlichen Psyche und offenkundig "fleischgewordenen" Schlechtigkeit¸ desto kälter wird jener Schauer¸ der einem unweigerlich bei der Lektüre über den Rücken laufen wird. Thrillerlesevergnügen auf hohem Niveau.
Eine Rezension von: Florian Kayser http://www.geisterspiegel.de