Der Judas-Schrein
Grein am Gebirge¸ eine Zufahrtsstraße¸ die über eine Brücke über den Fluss Trier führt¸ eine Kirche¸ ein Friedhof¸ ein Krämerladen und eine Tankstelle¸ in der Dorfmitte die Gaslight Bar¸ Treffpunkt für die Dorfjugend. In dieser Kulisse ereignet sich ein schrecklicher Mord¸ bei dem eine verstümmelte Mädchenleiche und ein undefinierbares Metallgestell zurückbleiben. Kommissar Alex Körner und sein Team werden auf den Fall angesetzt und ahnen nicht¸ dass dieser Fall nichts mit einem gewöhnlichen Mordfall zu tun haben wird.
Im Laufe der Ermittlungen stoßen Körner und sein Team immer wieder auf Ungereimtheiten¸ denen sie auf die Spur kommen wollen. Als sie die Exhumierung zweier Leichen beschließen¸ gleitet ihnen der Fall nach und nach immer mehr aus den Händen.
Erschwerend auf ihre Ermittlungen übt sich das durch den Dauerregen herannahende Hochwasser auf die Ermittlungen aus. Abgeschnitten von der Außenwelt sitzen Körner und sein Team in Grein fest und fördern schrittweise eine Wahrheit ans Licht¸ die unfassbar erscheint. Je näher Körner der Wahrheit kommt¸ umso mehr Tote pflastern seinen Weg …
Das Buch beginnt wie ein herkömmlicher Krimi¸ doch wenn man sich auf ein Buch aus dem Hause Festa einlässt¸ ahnt man als Leser natürlich¸ dass es sich nicht so herkömmlich entwickelt wie eben ein solcher. Und ich fand mich sehr schnell im Bann der unheimlichen Spannung wieder.
Von Anfang an spielt der Autor mit versteckten Hinweisen¸ in denen er mitteilt¸ dass nichts so ist¸ wie es scheint. Er untermalt die aufkommende Spannung und düstere Stimmung mit dem allgegenwärtigen Regen¸ welcher der Kulisse der Handlung einen ebensolchen Spannungsbogen vermittelt wie die Handlung selbst. So¸ wie das Wasser des Flusses stetig steigt¸ so steigert sich die Spannung um die Aufklärung des Mordes ‐ allmählich. Als Leser konnte ich mich dieser schleichenden Spannung nicht entziehen¸ sondern las immer weiter¸ um das nächste Puzzleteil hinzufügen zu können. Puzzleteil deshalb¸ weil Andreas Gruber in seinem Buch eigentlich drei Geschichten erzählt¸ die er am Ende zu einem grausamen und finsteren Finale verknüpft. Die Rückblenden und das Tagebuch des Messdieners¸ wovon dem Leser immer wieder Bruchstücke präsentiert werden¸ sind ein genialer Schachzug¸ um dem Leser zu suggerieren¸ dass er den Ermittlern einen winzigen Schritt voraus ist. Doch irgendwie musste ich immer wieder erkennen¸ dass letztendlich doch alles anders kam¸ wie ich glaubte oder vielmehr hoffte. Jedenfalls bis zu einem bestimmten Punkt. Das Tagebuch des Messdieners war es dann¸ welches viel zu früh das Geheimnis lüftete. Leider litt darunter ein Teil der Spannung¸ denn ab diesem Moment stellte sich nur noch die eine Frage: Wer wird am Ende überleben?
Grein am Gebirge¸ ein Dorf¸ was zwar übertrieben¸ aber dennoch glaubhaft dargestellt wird. Dörfer¸ deren Bewohner eine eingeschworene Gemeinde bilden und alles Fremde generell ablehnen¸ gibt es wohl überall. Im Gegenzug möchte man da aber auch nicht hin. Die Erklärung¸ die uns Andreas Gruber in diesem Fall für die Verschworenheit liefert¸ ist zwar fernab jeder Realität¸ kann aber dennoch nicht als Entschuldigung dienen. Das Leid¸ welches Körner persönlich widerfährt¸ ist die Komponente¸ die dem Roman zu allem auch noch die psychologische Tiefe verleiht.
Was mich während der gesamten Story ein wenig störte oder vielmehr irritierte¸ waren die ständigen Hinweise auf die fast leeren Akkus der Handys. Damit begann Andreas Gruber zwar¸ die endgültige Abgeschnittenheit Greins vom Rest der Welt einzuleiten¸ doch manchmal las sich das so¸ als wären die Menschen ohne ein solches Gerät der völligen Hilflosigkeit ausgeliefert. Kein Handy¸ kein Kontakt¸ keine Hilfe! Soll es in dem ganzen Ort tatsächlich kein weiteres Handy gegeben haben als die¸ welche die Polizeibeamten bei sich trugen?
Fazit:
Die dichte Atmosphäre und dunkle Spannung dieser Geschichte machen dieses Buch absolut lesenswert. Doch Vorsicht¸ wer sich nach Grein begibt¸ sollte sich Zeit dafür nehmen¸ denn als Leser wird man versucht sein¸ den Ort so schnell wie möglich wieder zu verlassen und deshalb immer weiter lesen¸ bis man das Geheimnis ergründet hat.