Der Himmelspfeifer
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Im Vorwort geht Hermann Urbanek¸ der bekannte österreichische Sammler und Kritiker auf die Science Fiction im Allgemeinen und die deutschen Zukunftsgeschichten im Besonderen ein. Natürlich kann er nicht auf alles eingehen¸ dazu ist der Begriff der Zukunft in der Literaturgeschichte viel zu weit gefasst und der Platz in dieser Kurzgeschichtensammlung zu gering. Als kurze Einführung¸ die ein Vorwort darstellt¸ ist das aber durchaus ausreichend.
Linda Budinger: Planet der Riesenfrösche
Das erste Zusammentreffen mit intelligenten Wesen von einem Stern ist immer eine schwierige Angelegenheit. Die hat der unerfahrene Mensch Mike mit Bravour gelöst. Seine zweite Reise zum Planet der intelligenten Riesenfrösche endet jedoch mit einer Überraschung. Linda Budinger schrieb eine klassische Erst-Begegnungsgeschichte mit nicht so klassischem Ende.
Andreas Gruber: Heimkehr nach Algata
Bapu Baloo ist ein Fischwesen aus dem Volk der Sgorc¸ welches die Weltraumfahrt für sich entdeckt. Wie schon andere seines Volkes wurde er mit einem kleinen Raumschiff ins All geschickt. So ganz wissen wir als Leser nicht¸ was er da will¸ aber immerhin findet er Zugang zu Meister Yorrings. Dieser wiederum zeigt ihm¸ was er mit seinem Geist und den verbundenen Kräften anstellen kann.
Ronald M. Hahn: Wie Terrorismus entsteht
Ich weiss nicht¸ wie oft ich diese Geschichte schon gelesen habe. Die Fairnis hätte es jedoch verlangt zumindest eine Bemerkung zu machen¸ dass es eine Wiederveröffentlichung ist. Zudem passt der Titel überhaupt nicht. Im Deutschunterricht in der Schule würde stehen¸ Thema verfehlt¸ sechs.
Dabei ist die zum Teil zynisch überspitzt dargestellte Geschichte¸ zum ersten Mal gelesen durchaus amüsant.
Frank W. Haubold: Der traurige Dichter
Der Autor¸ der sich über seinen traurigen Dichter auslässt gewann diesen Monat den vom SFCD vergebenen Phantastik-Preis in der Abteilung Kurzgeschichte UND Roman. Ein Novum in der Geschichte des SFCD. Zudem gibt er beim EDFC Kurzgeschichtensammlungen heraus.
Dominik Irtenkauf: Achtung¸ Scheinwerfer!
Die Geschichte verwirrt doch sehr. Es geht um Scheinwerfer¸ die immer wieder die Dunkelheit durchstreifen und die Strassenszenen sichtbar machen. Reine Sensationslust lässt den Leser die Geschichte verfolgen¸ denn jedes Mal wenn der Scheinwerfer weiter wandert¸ reisst er Szenen aus der Anonymität ans Licht der Öffentlichkeit. Daher passt es¸ wenn Dominik Irtenkauf ständig von Statisten spricht.
Jörg Isenberg: Der Himmelspfeifer
Auch diese Geschichte gehört in die Abteilung der "Ich finde ein Artefakt"-Geschichten. Natürlich ist der Einfluss¸ der von diesem Ding ausgeht nicht positiv. Jörg Isenbergs Erzählung ist sehr geradlinig und daher vorhersehbar im Abschluss.
Helmuth W. Mommers: Zum Abschuss freigegeben
Überspitzt dargestellt bekommt man nur dann Rente¸ wenn man andere Rentenempfänger jagt und erschiesst. So ist der Jäger in jedem Fall auch gleichzeitig der Gejagte. Unverständlich daher¸ dass der Grossvater seinem Enkel alles beibringt¸ muss er doch jederzeit damit rechnen¸ dass ihn sein Enkel um seine Rente betrügen wird¸ indem er ihn abschiesst.
Christian Montillon: Die Folie
Schatzsucher leben immer gefährlich. Vor allem wenn man in einem alten¸ abgestürzten Raumschiff von Aliens unterwegs ist. Allerdings nicht ganz logisch. Da macht sich der Icherzähler auf¸ ein Artefakt oder ähnliches zu suchen¸ dass Geld bringen könnte¸ macht sich Gedanken über Menschen¸ Mutanten und Monster. Auf der ersten Seite stirbt sein Freund und Begleiter¸ ohne sich weiter Gedanken zu machen¸ oder gar zu trauern.
Mario Moritz: Kiri
Diese Geschichte ist wundervoll geschrieben und mit einem Handlungsstrang versehen¸ der den Leser als Wissenden¸ die Handlungsträger jedoch als unwissende Opfer hinterlässt. Dabei gab es klare Vorschriften¸ die man nur hätte einhalten müssen.
Niklas Peinecke: Upload untot
Die Erzählung ist eine Art überdrehte Cyberpunk-Geschichte¸ die Zwischen Wirklichkeit und Scheinwelt hin und her wechselt. Ein bunter Mix aus verschiedenen Ideen ergeben ein buntes Kaleidoskop einer neuartigen literarischen Welt. Ein wenig schwach im Abschluss¸ dafür gut erzählt.
Margret Schwekendiek: Gefühle regieren die Welt
In ferner Zukunft gibt es ganze Planeten ohne Gefühle. Dafür gibt es eine ganz besondere Priesterschaft¸ die mit ihrer Kunst zumindest eine Zeitlang Glücksgefühle auslösen kann. Das ist die Zeit auf den Planeten¸ wo man sich paaren kann und Kinder zeugen. Der Preis¸ pro Planet eine Person die zwangsläufig zu den Priestern geschickt wird. Diese dürfen dann nie wieder auf ihren Heimatplaneten.
An diese Aussage hält sich leider nicht einmal die Autorin.
Achim Stößer: Göthé
Die klassische Zeitreisegeschichte¸ wo ein Zeitreisender auf einen bekannten Zeitgenossen¸ in diesem Fall Goethe¸ trifft und mit unbedachten Äusserungen die Welt verändert¸ so dass er in seinen eigentlichen Zeitabschnitt nicht zurück kann¸ weil er nicht mehr besteht.
Dirk Taeger: Deus Ex Machina
Die Geschichte zeigt den Einfluss von Nicht-Menschen auf die biblische Schöpfungsgeschichte.
Fabian Vogt: Myomorphus
Die Geschichte ist toll¸ aber die Zeichnung von Mario Moritz verrät bereits alles. Leider. Dabei ist die Geschichte mit dem Icherzähler durchaus gelungen.
Mikis Wesenbitter: Das rot-weiße Licht oder Sinkflug über Berlin/Treptow
Die DDR entsteht zumindest in literarischer Hinsicht wieder auf. Für den kurzen Moment einer ebenso kurzen Erzählung. Die grünen Männchen sind allerdings blau.
Uschi Zietsch: Der perfekte Friede
Die Erzählung konnte mich nicht ganz überzeugen. Es gibt schon zu viele ähnliche Erzählungen¸ die zu Frieden führen¸ indem man den Mensch an sich beeinflusst.
Alisha Bionda: Die Herausgeberin
Die Herausgeberin stellt sich vor. Auf diese Weise lernt man etwas mehr über sie und ihre Ambitionen.
Mario Moritz: Der Grafiker
Mario Moritz¸ der auch mit einer Erzählung vertreten ist¸ wird hier ausführlich vorgestellt¸ so dass der Leser etwas mehr über die Person erfährt¸ die die Zeichnungen herstellte. Mir persönlich gefielen die Computergrafiken sehr gut. Da diese aber in Natura farbig sind¸ verlieren sie in der schwarz-weiss-Wiedergabe etwas. Aber für einen Preis von 9¸95 Euro kann man natürlich keine Farbfotos erwarten. Diese findet man auf seiner Internetseite.
Der Nachteil dieser Kurzgeschichtensammlung ist¸ dass bei sechzehn Autorinnen und Autoren nur drei Autorinnen vertreten sind. Dies ist ein Ungleichgewicht¸ dass wie so oft zu Ungunsten der weiblichen schreibenden Zunft ausgeht. Bleibt zu hoffen¸ dass einmal mehr jemand auf die Idee kommt und nur Autorinnen und Zeichnerinnen für eine Kurzgeschichtensammlung versammelt.
Zu jeder Geschichte gibt es ein paar Zeilen zu den Autoren. Alle Autoren erzählen neue Geschichten mit alten Ideen. Es gibt wenig neue Ansätze¸ aber zumindest neue Enden. Allein dadurch sind diese Geschichten lesenwert. Die Kurzgeschichtensammlung ist als gelungen zu bezeichnen. Die meisten Geschichten überzeugen durch die dahinter stehenden Ideen. Sie sind unterhaltsam¸ lesenswert und dabei recht solide geschrieben. DER HIMMELSPFEIFER ist eine gelungene Kurzgeschichtensammlung mit unterschiedlichen Texten. Ich will dabei nicht unterscheiden zwischen Profis und Amateuren. In mancherlei Hinsicht gefallen mir gerade die sogenannten Laienschriftsteller besser als die hier vertretenen Profis.
Warum allerdings das Buch DER HIMMELSPFEIFER DER HIMMELSPFEIFER heisst und keinen anderen Titel trägt¸ bleibt das Geheimnis der Herausgeberin.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355