Der Herr der Unterstadt
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Der Patron hat einst als Agent für das "Schwarze Haus"¸ den Geheimdienst von Rigus gearbeitet. Er hat gegen die Gangsterbosse und ihre Helfershelfer ermittelt¸ sie hinter Schloss und Riegel gebracht und so für etwas mehr Ordnung im Chaos gesorgt. Aber selbst der Beste lässt sich korrumpieren¸ bis er einer der ihren wird. Unehrenhaft aus dem Dienst des "Schwarzen Hauses" entlassen¸ wechselte er die Seite und stand nun Recht und Ordnung entgegen. Nun ist er längst ist er einer von ihnen geworden: als Hehler und Drogenhändler selbst drogensüchtig hat er nur einen Freund. Adolphus¸ den schwätzigen¸ einäugigen Wirt¸ der noch einen Kopf grösser ist als der Ich-Erzähler. Nur nebenbei bekommt er in der Kneipe mit¸ dass das Mädchen¸ die kleine Tara verschwunden ist und die Ordnungskräfte der Stadt nicht in der Lage sind¸ das Mädchen zu finden. Mit Adolphus verbindet ihn eine Kriegskameradschaft und so sind die beiden nach dem Krieg zusammen geblieben. Er als Agent¸ Adolphus als Wirt des torkelnden Grafen. Nach seinem bereits erwähnten Abschied etablierte er sich schnell als zuverlässiger Drogenlieferant und wohnt nun über der Kneipe von Adolphus. Und aus dem zufällig belauschten Gespräch des Wirtes mit einem Gast entwickelt sich schnell eine Aufgabe¸ die ihn betrifft. Er wird in die Sache hineingezogen¸ als man das Mädchen wieder findet. Die zerfledderte Leiche hat nur noch wenig Ähnlichkeit mit Tara und er beschliesst¸ die Tat zu sühnen¸ nicht ahnend¸ dass ihn die Spur bis in die Adelskreise der Stadt führen wird. Dieser Rachewunsch steigt aber nicht selbst in ihm auf¸ sondern seine früheren Arbeitgeber setzen ihn unter Druck¸ weil er sich wie kein Zweiter in der Unterstadt von Rigus auskennt. Dabei gerät der Patron zwischen die Welten der Stadt. Die Unterstadt mit ihren Schlagetots bringt er genau so gegen sich auf¸ wie die Oberstadt mit ihren Adligen und reichen Unternehmern. Aber die kleine Tara ist nicht das einzige Kind¸ dass ihren Tod findet. Und nebenbei entdeckt er etwas Furchtbares. Die Seuche ist wieder da.
Der Fantasy-Roman hörte sich erst einmal gut an¸ entpuppte sich zum erwarteten Fantasy-Krimi¸ der weitaus brutaler wirkt als die Fantasy-Krimis¸ die Jens Schumacher und Jens Lossau gemeinsam hervorbrachten. Wer das Buch anliest¸ hält es möglicherweise für etwas langweilig. Wer will schon lesen¸ dass der (Anti-Held in einen Nachttopf uriniert und diesen dann durchs Fenster auf die Gasse entleert. Wie dem auch sei¸ es geht erst einmal ganz langsam an und doch will man ständig mehr über den Ich-Erzähler wissenܴ der immer nur Bröckchenweise über sich erzählt. Gleichzeitig erfahren wir mehr über die Unterstadt¸ ihre Bewohner¸ den sozialen Hintergrund und vieles mehr. Man glaubt sich in der Stadt bald besser auszukennen als im eigenen Wohnort. Machtgier¸ Neid¸ und Habgier bestimmen die Antriebe der Menschen der Unterstadt¸ ebenso wie die Adligen an der Spitze von Rigus. Von daher gibt es kein Gut und Böse¸ sondern nur ein Böse und Anders-Böse. Auch der Patron ist nicht Gut¸ aber er hat noch ein Quentchen Ehre im Leib.
Daniel Polanskys Handlungsträger ist kein strahlender Held. Vielleicht war er das mal im Krieg¸ oder später als er für den Geheimdienst der Herrscher von Rigus arbeitete. Das Buch lebt von seiner besonderen¸ düsteren Atmosphäre. Flüssig geschrieben¸ einem stetig steigernden Spannungsboden¸ ist der Leser mit dabei¸ wenn es darum geht¸ den Morden und einer Verschwörung auf die Spur zu kommen.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355