Der Funke des Chronos
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Aber beginnen wir doch vorn. In der Zukunft¸ oder besser in der zukünftigen Gegenwart¸ denn bis zum 16. Dezember 2006 ist es nicht mehr lang. Tobias hat gerade Stress mit seiner Freundin Katja und einen anstrengenden Vormittag mit Fechtübungen hinter sich. Wieder in seiner Junggesellenbude klingelt seine Nachbarin mit dem dröge dreinschauenden Dackel. Sie bringt dem Waisenkind Tobias ein Paket¸ möglicherweise sogar ein Weihnachtspaket. Der 24. Dezember naht mit grossen Schritten. Und wie jedes Jahr erhält das ehemalige Waisenkind von einem unbekannten Gönner ein Geschenk. Auch dieses Mal ist es ein Geschenk¸ das ihn bis in einen Uhrmacherladen führt. Und von hier aus direkt in das Abenteuer¸ dass ich gerade schon andeutete. Der Uhrmacher will ihn gerade aufklären¸ was es mit seinen Eltern zu tun hat¸ als ein Fremder in den Raum eindringt. Fand Tobias bereits die ersten Worte und die sogenannte Zeitmaschine seltsam¸ so ist das folgende nun völlig wirr für ihn. Bei dem folgenden Handgemenge finden der Uhrmacher und der Fremde in dem zerschlissenen Trenchcoat den Tod durch des Fremden Pistole. Tobias muss weg¸ wie soll er erklären¸ was hier geschah¸ zudem beide tot sind. Oder fast¸ denn der Uhrmacher erklärt ihm noch schnell die Zeitmaschine und dann verschwindet Tobias in der Vergangenheit.
Da Tobias in Hamburg ist¸ er nur eine Zeitreise unternimmt¸ befindet er sich 165 Jahre weiter in der Vergangenheit¸ aber immer noch in Hamburg. In jener Zeit geht ein Serienmörder um¸ der den Opfern bei lebendigem Leibe den Kopf aufsägt und ein Sekret aus der Zirbeldrüse entnimmt. Tobias stolpert sozusagen in den Mordfall. Und wegen seines anderen Gebarens als Fremder in der Stadt und in der Zeit ist er natürlich gleich der Verdächtige.
Er lernt in der Zeit den berühmten deutschen Dichter Heinrich Heine kennen und versucht mit seiner Hilfe den Mörder zur Strecke zu bringen. Ihre Nachforschungen werden nicht ganz einfach¸ schliesslich treten sie noch ein paar Freimaurern und anderen Geheimniskrämern auf die Füsse. Egal ob in Altona¸ wo gerade die Eisenbahnlinie fertig gestellt wurde¸ oder den Landungsbrücken oder ...
Und dann ist da noch die Zeitmaschine. Oder besser war¸ denn der junge Zeitreisende muss sich auf die Suche nach ihr begeben.
Thomas Finn hat ein Buch vorgelegt¸ das in die Schublade 'Vergangenheits-Krimi' passt. Diese historischen¸ scheinbaren Kriminalfälle sind ja sehr beliebt zur Zeit. Ich bewundere dabei seine Arbeit. Sie weiss alleine schon durch die Einzelheiten über das alte Hamburg zu überzeugen. Der Roman ist super geschrieben¸ stilistisch korrekt wäre wohl die 'gehobenere Umschreibung' und die Figuren sind menschlich im Sinn des Wortes. Der Leser kann mit ihnen Leiden und gleichzeitig die spannende Handlung verfolgen. Dem Autor gelingt es¸ den handelnden Personen markante Gesichtszüge anzulegen und durch den gekonnten Einsatz von Dialekt Leben einzuhauchen. Die Leserschaft dankt es ihm¸ bleiben sie doch gleich im Gedächtnis haften. Und wenn man das Buch mal aus den Händen legen musste¸ findet man schnell wieder in die Handlung zurück. Gleichzeitig zeigt Thomas Finn mit diesem Roman seine Liebe zu seiner Heimatstadt. Er kennt sich in der Gegenwart aus¸ ebenso wie in der Vergangenheit. Ein erfrischend eigenständiges Werk mit einem überraschenden Schlussgag.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355