Der ewige Krieg / Am Ende des Krieges / Der ewige Frieden
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Im Weltall tobt ein interstellarer Krieg gegen Außerirdische¸ die sich Taurier nennen und die Menschheit nicht faul¸ ist mittendrin. Mit einer irdischen Führungs-riege¸ die der amerikanischen Regierung der 1960er und 1970er Jahre so ähnlich ist¸ werden Soldaten durch sogenannte Kollapsare mit Überlichtgeschwindigkeit in die Nähe ihrer Ziele gebracht. Durch die Relativitätseffekte bei annähernder Lichtge-schwindigkeit reisen die Soldaten durch die Zeit¸ vergehen für sie zwischen den verschiedenen Kämpfen nur Monate. Auf der Erde hingegen vergehen Jahre und sogar Jahrzehnte. Währenddessen ist der Krieg nur noch ein feststehender Begriff¸ verkommen zu einem Status Quo. Die Menschheit kriegt von diesem Krieg kaum etwas mit¸ die Front ist räumlich wie zeitlich unerreichbar weit weg. Daher stellt für die Erde Jahrhunderte lang einen ewigen Krieg dar.
Im Mittelpunkt der Erzählung steht der hochintelligente und hochqualifizierte Soldat Mandella¸ der im Zuge der neuen Wehrpflichtgesetze zur Armee und damit für den Krieg eingezogen wird. Die brutale Ausbildung sorgt bereits in der ersten Phase in idyllischen Illinois für zwei unnütze und überflüssige Todesfälle. Die Ausbildung der neuen Rekruten wird im Anschluss auf dem Planeten Charon fortgesetzt. Aber auch hier ist die Ausbildung der Soldaten mangelhaft. Ungeübt mit den Kampfanzügen¸ die sie im Vakuum schützen sollen¸ sterben weitere Rekruten und es folgen mehrere Todesfälle. Den Soldaten wird die Erde fremd und vor allem wissen sie nicht warum sie gegen den Feind¸ die Taurier kämpfen. Letztlich werden die Soldaten in einen Kampf geschickt¸ der aus einem Missverständnis der beiden Rassen resultiert. Ja es geht sogar soweit¸ dass die Soldaten in ihren untauglichen Kampfanzügen gar nicht wissen¸ wie die Gegner aussehen und daher auf einem fremden Planeten landen und als erstes auf friedliche Pflanzenfresser schiessen¸ in der Annahme¸ es wäre der Feind. Als wäre nichts weiter geschehen¸ setzen die Soldaten ihren Weg fort und gelangen schliesslich zu einer Taurier-Siedlung.
William Mandella durchschaut die in sein Bewusstsein eingeschleusten Bilder¸ ausgelöst durch Psychopharmaka¸ die der leitende Offizier bei den Soldaten auslöst. Die Taurier werden als groteske Monster dargestellt¸ die sie jedoch gar nicht sin. Trotzdem auch bei William wirkt die Konditionierung¸ er steigert sich¸ wie alle anderen Soldaten auch¸ in einen alles vernichtenden Blutrausch und schlachtet die offensichtlich unbewaffneten und völlig überraschten Planetenbewohner ab. Nur ein einziger Taurier kann dem Gemetzel entkommen. Als die Wirkungen der Drogen nachlassen und Mandella nach einem Gemetzel durch rotes Blut watet erkennt er¸ dass auch diese Wesen aus Fleisch und Blut sind¸ wie alle Menschen auch.
Nach den Kämpfen und schweren Verlusten wird das Schiff der Menschen auf dem Rückweg zur Erde angegriffen¸ und es gelingt den Tauriern¸ das Schiff schwer zu beschädigen. Dennoch gelingt eine Rückkehr. Für die Soldaten verging etwa ein Jahr¸ durch die Zeitdilatation jedoch 23 Jahre. Der aufgelaufene Sold sorgt dafür¸ dass die Soldaten plötzlich reich sind. Logischerweisse quittieren alle den aktiven Dienst. Die Soldaten lassen sich jedoch nicht mehr so einfach in die Gesellschaft integrieren. Sie haben gesundheitliche und / oder psychische Probleme. Ein: "Ich war nur Befehlsempfänger!" lässt die Gesellschaft¸ die den Krieg nicht versteht¸ nicht zu. Selbst psychische Konditionierung durch Drogen und Propaganda¸ sollte nicht vergessen lassen¸ dass man ein Mensch ist und jeder andere Mensch oder Alien es ebenfalls verdient¸ leben gelassen zu werden. So muss jeder mit sich und den Veränderungen auf der Erde klar kommen. Die grösste Veränderung war die grosse Hungersnot auf der Erde¸ wo inzwischen 9 Milliarden Menschen leben¸ von denen zwei Drittel Arbeitslos ist und¸ wenn sie Glück hat¸ von Sozialhilfe leben kann. William Mandella trifft seine Mutter in Washington wieder¸ einer Stadt¸ in der inzwischen jeder schwer bewaffnet herumläuft¸ weil die Kriminalitätsrate exorbitant gestiegen ist. Hinzu kommt noch eine weitere Änderung. Um den Kindersegen einzudämmen¸ wird Homosexualität als einzige effektive Bevölkerungskontrolle angesehen und gefördert. Wie fast alle seine Kameraden sieht sich Mandella einer Gesellschaft gegenüber¸ die nicht mehr die seine ist. Um sich nicht weiter damit auseinandersetzen zu müssen und weil sie einfach nicht mehr damit zurechtkommen¸ verpflichten sie sich für eine weitere Militärdienstzeit.
Am Ende des Krieges
Durch den "Ewigen Krieg" strandeten viele Soldaten in der Zukunft. Ihre lichtschnellen Raumschiffe trugen sie nicht nur durch den Raum¸ sondern auch durch die Zeit. Diese gestrandeten Soldaten werden nicht gerne gesehen. Werden auf einzelnen Planeten ausgesiedelt und lediglich noch als Gen-Pool betrachtet. In diesen besonderen Bereichen fühlen sich die Männer und Frauen der Armeeeinheiten überhaupt nicht wohl. Sie sind¸ im wahrsten Sinne des Wortes¸ lebende Fossilien.
Als einige der alten Krieger mit einem Schiff in den Weltraum fliegen¸ um weiter in die Zukunft vorzustossen¸ finden sie nicht unbedingt eine neue Heimat. Im Gegenteil es eröffnen sich ungeahnte Auswirkungen.
Der ewige Friede
Der Ewige Friede aus dem Jahr 1997 ist keine Fortsetzung¸ sondern eine Variation des gleichen Themas wie Der Ewige Krieg. Es ist die Geschichte eines Menschen¸ der gegen seinen Willen Teil einer unaufhaltsamen Kriegsmaschinerie wird.
Die Kriege toben auch 2043 immer noch in Mittelamerika. Geführt werden die Kriege von sogenannten Steuersoldaten geführt. Diese Kriegsexperten steuern von der sicheren Heimat aus sogenannte Soldatenjungen. Die Soldatenjungen wurden mittels Nanotechnologie zu Kampfmaschinen¸ die nichts weiter tun müssen¸ als so zu handeln¸ wie der Kriegsexperte es vorsieht. Die allgegenwärtige Nanotechnologie ist es auch¸ die es den Steuersoldaten erlaubt¸ mit dem Bewusstsein der Soldatenjungen zu verschmelzen. Einer dieser Steuersoldaten ist der Physiker Julian Class. Sein Geist wird mit dem des Soldatenjungen quasi verschmolzen. Aus diesem Grund ist er während dieser Verbundenheit in der Lage¸ direkt am Kriegsgeschehen teilzunehmen¸ aber keine Verletzungen oder den Tod in Kauf zu nehmen. Na ja¸ fast. Obwohl der Kampf keinerlei Gefahr für Leib und Leben darstellt¸ werden die Gefühle und der Geist sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. Durch den Stress stirbt jeder zehnte der Steuersoldaten und mit einer wesentlich erhöhten Selbstmordrate fallen noch einmal zehn Prozent der Steuersoldaten aus. Während eines Routineeinsatzes gegen ein Dorf in Costa Rica erschiesst Julian einen Jungen. Der Teilzeit-Steuersoldat wird aus dem aktiven Dienst genommen¸ da ihn seine Vorgesetzten für Selbstmordgefährdet halten. Das bedeutet aber auch¸ Julian hat wieder mehr Zeit für seinen eigentlichen Beruf. Sein Team hat einen ganz besonderen Teilchenbeschleuniger entwickelt. In der Umlaufbahn von Jupiter soll dieser Teilchenbeschleuniger gebaut werden.
Seine Freundin¸ die Physikerin Amelia Harding¸ enthüllt ihm eine neue Erkenntnis. Eine ihrer Arbeitskolleginnen fand heraus¸ dass das Jupiterprojekt genügend Energie erzeugt¸ um das komplette Sonnensystem zu zerstören. Nicht nur ihre Kollegin erfährt diesen Umstand¸ sondern auch religiöse Fanatiker. Julian und Amelia befinden sich sehr schnell in Gefahr und auf der Flucht vor den Fanatikern. Während Amelia dafür ist¸ das Projekt zu stoppen wollen die Ender¸ die religiösen Fanatiker nennen sich so¸ dies Projekt weiterführen. Sie wollen Gott eine Chance zu einem Neubeginn zu geben.
Einer der bedeutendsten Antikriegsromane¸ die seither erzählt wurden. Joe Haldeman wird 1967 zum Militär eingezogen und nach Vietnam geschickt. Schwer verwundet und vom Krieg geprägt kehrt er nach Amerika zurück. Mit dem Roman Der ewige Krieg versucht er seine Kriegszeit zu bewältigen und zeigt überaus deutlich die absolute Sinnlosigkeit eines Kriegs auf. Der Autor gibt sich mit diesem Roman keine Absolution¸ da er in Vietnam selbst getötet hat¸ aber er erkennt die Sinnlosigkeit. Zudem beschreibt er¸ dass ein Ablehnung oder gar die Verweigerung zu töten nicht möglich war¸ denn die Strafe war selbst der Tod. Erschütternd auch der Drogenkonsum und der fortgesetzte Sex als einzige Freizeitbeschäftigung. Schnell sollte dem Leser¸ vor allem dem amerikanischen Leser¸ klar werden¸ dass unter dem Deckmantel des Krieges gegen die Aliens¸ eine bitterböse Satire gegen den Vietnamkrieg im besonderne und den Kreig im Allgemeinen beschrieben wurde. Der Roman fand überall in der Welt grosse Anerkennung¸ weil er den Zeitgeist traf und als einer von sehr wenigen Science Fiction Romanen ein politisch-militärisches Thema. Gleichermassen wurde Joe Haldeman und sein Werk in den USA heftigst kritisiert.
Die Fortsetzung von Joe Haldemans Der ewige Krieg ist nicht so sehr gelungen wie das Original. Seine Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet¸ aber der Hintergrund ist "irgendwie überholt". Für diejenigen unter den Lesern¸ denen das Original nicht bekannt ist¸ fehlt zu Anfang etwas. Doch später wird das Buch sehr viel interessanter¸ als meine kurze Zusammenfassung ahnen lässt. Joe Haldeman schaffte es durchaus¸ seine Handlungsträger intelligent handeln zu lassen. Auch der überraschende Schluss trägt dazu bei¸ ein gutes Buch gelesen zu haben.
Für seinen Roman Der ewige Krieg erhielt Joe Haldeman den Hugo Gernsback Award und den Nebula Award. Für den Der ewige Friede wurde er ebenfalls mit diesen wichtigsten Science Fiction Preisen erneut ausgezeichnet.
Im Buch Der ewige Friede verarbeitete Joe Haldeman die Erkenntnisse¸ die er aus seinem Vietnam-Erlebnissen ziehen konnte und die Erkenntnisse aus den vielen anderen Kriegen die darauf folgten. Es ist auch eine Anklage gegen das Fernsehen¸ das heutzutage schon vor den Soldaten an der Front ist. Ethische Zweifel an einem Kampf¸ den jeder sehen kann¸ aber sobald man den Fernseher abschaltet¸ auch wieder vergisst¸ teilhaben am Blutvergiessen und doch scheinbar unschuldig... Durch das Betrachten des Krieges ist es ähnlich wie mit Kindern¸ die Tiere quälen. Sie machen es¸ weil sie es können und nicht¸ weil sie es unbedingt wollen.Die Armee hat nicht mehr die althergebrachte hierarchische Ordnung. Sie ist durchsichtiger geworden und mit zweifelnden Menschen durchsetzt.
Der ewige Friede ist keine Fortsetzung von Der ewige Krieg. Alles in allem ist Der ewige Friede ein sehr kritisches Buch. Erst der Roman Am Ende des Krieges aus dem Jahr 1998 setzt die Handlung aus dem ersten Teil fort.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355