Der Besucher
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
In dieser Geschichte sind Quinn und Briggs außerhalb ihres Weltraumforschungsschiffes und führen einige Reparaturarbeiten an der Energieversorgung durch. Sie sind seit zwei Stunden mit ihren Reparaturarbeiten beschäftigt¸ als eine gewaltige Explosion im Inneren des Schiffes erfolgt. Das Schiff bricht auseinander¸ die Atmosphäre verflüchtigt sich. Die Körper fliegen davon. Und dann ist das Schiff weg. Nach dem ersten Tag ist es Quinn auch. So wird die Geschichte aus der Perspektive von Briggs erzählt.
Briggs wird Tage später irgendwie gerettet¸ als plötzlich die Manti auftauchen¸ eine der Menschheit bekannte außerirdische Rasse. Leider sind Menschen und Manti nicht kompatibel¸ nicht in der Sprache¸ nicht in der Nahrung¸ nicht in der Atmosphäre¸ nicht in der Temperatur¸ einfach Nichts. So bieten die Manti Briggs - die ihn Tech 4 nennen¸ nach seinem Dienstgrad¸ da sie seinen Namen nicht übersetzen können - eine Rückfahrt in den menschlichen Raum an. Sie bieten ihm an mitzureisen und wollen ihn zu einem irdischen Raumschiff oder einer Kolonie bringen. AUSSERHALB des Schiffes¸ denn die Schleusen sind zu klein¸ um ihn an Bord zu lassen und dort eine Kabine bereitzustellen¸ indem er die minimalistischen Lebensbedingungen vorfindet. (Womit wir bei einem logischen Fehler sind. Ein grosses Raumschiff wird sicherlich Schleusen für Bei- bzw. Rettungsboote besitzen¸ durch die der grosse Mensch hätte hereingelassen werden können. Allerdings würde dann die restliche Handlung nicht funktionieren. Briggs ist sehr erleichtert und nimmt das Angebot der Manti dankbar an.
Erst einmal stehen die logistischen Probleme im Vordergrund¸ auf die Briggs/Tech 4 und die Manti stossen: Wie man die Manti dazu bringt¸ zu verstehen¸ was sie zum Überleben brauchen! Wie man Luft und Wasser erneuert. Wie man Abfälle recycelt. Wie man Essen in einen Raumanzug bekommt¸ etc. Tech 4 freundet sich mit einem Manti an¸ der ihm als Steward zugewiesen ist¸ und sie fallen im Laufe der Zeit in eine Art Routine. Briggs amüsiert sich¸ indem er an der Außenseite des Schiffes trainiert und durch Bullaugen schaut. Bis er etwas sieht¸ was er nicht sehen sollte. Und dann wird es wirklich riskant. Ab hier sollte die grobe Handlung bekannt sein. Denn Cornell Woolrichs geniale Kurzgeschichte „Rear Window“¸ deutsch “Fenster zum Hof”¸ die bereits 1954 von Alfred Hitchcock mit James Stewart und Grace Kelly verfilmt wurde¸ stand Pate.
Einige der Dinge¸ die ich an diesem Buch mag¸ sind¸ wie Tyler Parsons die Bilder in Worten malt¸ die zeigen¸ was seine Charaktere durchmachen. Es gibt eine gewisse zwanglose Vertrautheit mit den Dingen¸ genau wie man sagen würde: „Ich werde ins Auto steigen und zum einkaufen fahren“. Du weisst¸ wie das Auto aussieht¸ wie man es fährt¸ wo sich der Laden befindet¸ usw..¸ was bedeutet¸ dass sie keine Beschreibung benötigen. Wenn Quinn also in „einem alten Simmons J-6“ ist¸ das nicht mit Briggs Anzug kompatibel ist¸ so dass sie keine Ressourcen teilen können¸ kann man es sehen. Es wird ein sehr reales Gefühl. Es ist dieser lässige¸ geniale Stil der Beschreibung¸ den Parsons verwendet¸ der die Geschichte so verdammt glaubwürdig und so verdammt fesselnd und aufregend macht! Beim Lesen von Der Besucher habe ich völlig die Zeit aus den Augen verloren¸ ich war so sehr in die Geschichte vertieft. Ich blickte auf und es war Mitternacht.
Meiner Meinung ist nach das Niveau der Erzählung¸ die Fähigkeit¸ eine Freundschaft mit jemandem zu schließen¸ der so fremd ist wie ein Manti¸ die Situation¸ dass Briggs zuerst versucht¸ die Situation zu überleben und dann ein wahnsinnig mörderisch wütender Außerirdischer auftaucht¸ sehr hoch und bietet ein kurzes aber vergnügliches Lesevergnügen. Hut ab vor Tyler Parsons für die Veröffentlichung eines Buches¸ das gleich beim ersten Mal mit dem L. Ron Hubbard Silver Honorable Mention ausgezeichnet wurde. Der Autor beschränkt sich auf das Wesentliche. Es verwundert daher nicht¸ „nur“ eine Novelle vorliegen zu haben.
Einziger Nachteil¸ das Seitenschinden mit vielen freien und halbfreien Seiten.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355