Das Wörterbuch des Viktor Vau
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Held der Geschichte ist Viktor Vau¸ Neurologe in einer Psychiatrie¸ besessen von der Idee¸ eine eigene Sprache zu erfinden¸ die in der Lage ist¸ allein durch Logik in der Lage ist komplexe Situation deutlich und unmissverständlich zu beschreiben. Seit Jahren arbeitet er an einem universellen Wörterbuch. Dieses Buch beinhaltet eine Sammlung von Begriffen¸ die die Welt so genau wie möglich beschreiben sollen. Um dies zu erreichen¸ lebt er seit Jahrzehnten allein und kleidet sich penibel so¸ als würde er jeden Tag den wichtigsten Tag seines Lebens erleben. Spätestens auf Seite 28 wird klar¸ dass das Buch¸ das wir in Händen halten¸ eben jenes ist¸ das V. V. aus seiner Aktentasche nimmt.
Doch bevor wir in der Erzählung auf Viktor Vau treffen¸ erfahren wir zuerst etwas über ihn von einem unbekannten Ich-Erzähler um schliesslich in das Büro einer Luftraumüberwachung umzuschwenken. Kurz darauf sind wir dabei¸ wie ein OWO¸ (englische Abkürzung für Objekt ohne Ursprung sich nicht nur der Erde nähert¸ sondern auf ihr landet¸ in der Nähe der afrikanischen Küste von Dagombé. Panik ist angesagt¸ denn keiner kann sagen¸ um was es sich handelt. Vor allem eines ist klar¸ es handelt sich um nichts Menschliches. Die seltsame kegelförmige Kapsel wird geborgen. In ihrem Inneren findet sich eine Botschaft und Viktor Vau scheint der Einzige zu sein¸ der sie entschlüsseln kann. Mit dieser Arbeit macht er sich aber bei den Geheimdiensten unbeliebt¸ denn jeder Geheimdienst will die Antwort für sich.
Die Geschichte ist mit diesen Beschreibungen jedoch erst am Anfang. Der Anfang einer äusserst verstörenden Geschichte eines Autors¸ der wohl genauso oft auf www.nachdenkseiten.de die anderen Wahrheiten liest. Vieles in diesem Roman erinnert an die heutige politische Situation. Eine elitäre Schicht aus Politikern und wohlhabenden Wirtschaftsbossen¸ reich geworden aus der Unterwerfung der Arbeitnehmer und deren Steuergeldern¸ ist für die Lenkung der Welt zuständig. Die kritiklose Bevölkerung wird mit Brot und Spielen¸ bzw. verdummenden Fernsehsendungen ruhig gehalten. Dafür ist man untereinander bereit¸ über Leichen zu gehen¸ um die eigenen Ziele zu erreichen.
Gerd Ruebenstrunk schuf ein gelungenes Buch¸ dessen Protagonist Viktor Vau innerhalb der Phantastik auffällt¸ weil er eben kein Held ist¸ sondern eher ein penibler Beamter¸ der seinen Tagesablauf durch nichts stören lassen will. Der Schreibstil von Gerd Ruebenstrunk ist äusserst angenehm und anspruchsvoll¸ was mir jedoch viel Lesevergnügen bereitet. Einen Roman¸ der nicht nur unterhaltsam ist¸ sondern sich mit einem originellen Handlungsstrang hervortut und zudem äusserst informativ ist¸ findet man extrem selten in der Literatur. Erst recht¸ wenn es sich um Phantastiik handelt. Das Wörterbuch des Viktor Vau gehört mit seiner Gesellschaftskritik dazu. Die sprachliche Entwicklung ist zudem ein bemerkenswertes Gebiet. Mit diesem Buch hat sich der Autor bei mir in die Elite deutschsprachiger Autorinnen und Autoren geschrieben. Ein Buch¸ das man weniger Beschreiben¸ denn lesen soll. Sehr empfehlenswert.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355