Das kupferne Zeichen
England 1161. Die zwölfjährige Ellen¸ Tochter eines Schwertschmieds¸ möchte nur eines: ebenfalls Schwertschmiedin werden. Doch das ist für ein Mädchen undenkbar. Als sie nach einer ungeheuerlichen Entdeckung von zu Hause fliehen muss¸ verkleidet Ellen sich als Junge und nutzt die Chance: Sie begleitet einen berühmten Schwertschmied in die Normandie und lernt dort als Schmiedejunge Alan das Handwerk ausüben und das höfische Leben kennen. Doch die Lüge¸ auf der sie ihr Leben aufgebaut hat¸ wird ihr zum Verhängnis¸ als sie sich in einen jungen Ritter verliebt¸ denn sie darf ihre Identität nicht preisgeben. Zu spät erkennt sie¸ wem sie vertrauen darf - und dass sie bei Hofe einen Feind hat¸ der zu allem bereit ist ...
Eine Familie im Mittelalter bestand meistens aus 4 - 6 Personen. Der Mann war das Oberhaupt der Familie. Er vertrat die Familie nach außen und war oft der Vormund der Frau. Aber auch die Frau hatte wichtige Rollen zu übernehmen: Sie musste die Dienerschaft beaufsichtigen¸ welche in die Familie integriert war¸ sie musste die Kinder versorgen und oft auch ausbilden¸ sie musste sich um Kleider¸ Essen und Trinken kümmern und falls vorhanden¸ um Garten und Vieh. Auch im Betrieb des Mannes hatten sie Aufgaben: Buchführung¸ Verkauf der Waren¸ die Beaufsichtigung der Lehrlinge und die Vertretung des Mannes. Die verheiratete Frau stand in der Gesellschaft ziemlich weit unten.
Schon in früher Kindheit ist die Protagonistin bestrebt¸ diesen vorgeschriebenen Weg zu durchbrechen. Fast täglich hält sich die zwölfjährige Ellenweore bei ihrem Vater Osmond in der Schmiede auf und möchte nichts anderes als eine Schwertschmiedin werden. Da es für die Handwerkszünfte des 12. Jahrhunderts undenkbar war¸ dass eine Frau Meisterin wird¸ verkleidet sich Ellen zunächst als Junge und zieht als Alan von Stadt zu Stadt. Sie eignet sich ein umfangreiches Wissen als Schmiedin¸ Gehängemacherin und Goldschmiedin an¸ um später das Schwert Atanor¸ dass sie für den König schmieden möchte¸ ganz allein anzufertigen.
Sie verliebt sich in den jungen Ritter Gulliaume le Maréchal. Doch durch eine Fügung des Schicksals muss sie Isaac heiraten¸ den sie nicht liebt.
Detailgenau beschreibt die Autorin das Schmiedehandwerk¸ weitergehende historische Hintergründe kommen höchstens am Rande vor. Doch es geht nicht um eine Schilderung historischer Fakten¸ sondern um das Durchsetzungsvermögen einer jungen Frau¸ die zwar etwas emanzipiert und sturköpfig wirkt¸ aber ich diese Tatsache nicht als störend empfand. Dazu unterhält der Roman viel zu gut und ist zu mitreißend erzählt. Kati Fox konstruiert eine stimmige kleine Welt für ihre Protagonistin Ellen. Sie stellt ihr interessante und durchaus tiefe Charaktere zur Seite¸ die wandlungsfähig und eben nicht von vornherein gut¸ edelmütig¸ böse oder verschlagen sind. Ellen's Ehemann Isaac wandelt sich zum Beispiel vom neiderfüllten und von Selbstmitleid erdrückten Konkurrenten zum treuen und guten Lebensgefährten. Und selbst der große Widersacher Thibauld de Tournais wurde mit einem Hintergrund unterdrückter Homosexualität ausgestattet¸ um sein Treiben plausibel zu machen. Wer eine spannende Geschichte vor historischem Hintergrund sucht¸ ist mit diesem Roman auf jeden Fall bestens beraten.
Eine Rezension von: Copolymer http://www.geisterspiegel.de