Das Buch von Kelenna 1: Ein Meer aus Tinte und Gold
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Sefia ist seit ihrer Kindheit auf der Flucht. Nur von Nin¸ ihrer Tante unterstützt und behütet. Aber genau diejenigen¸ die ihren Vater zu Tode folterten haben nun Tante Nin in ihren Fängen. Immer auf der Suche nach dem Buch. Das Buch ist aber das Einzige¸ was sie von ihren Eltern in ihrem Besitz hat. Es gibt im Land Kelenna jedoch ein kleines Problem. Bücher¸ das geschriebene Wort an sich¸ sind unbekannt und so kann kaum ein Bewohner lesen oder schreiben. Es bleibt dem Mädel nichts anderes übrig¸ als zu versuchen¸ sich die Schrift selbst anzueignen. Als sich Sefia versucht¸ lesen zu lernen¸ erkennt sie bald die Macht des Wortes. Die ersten Zeichen die sie lesen kann sind die vier kurzen Worte: Dies ist ein Buch.
Ihr Ziel jedoch ist es¸ ihre Tante zu finden und zu befreien. Nebenbei rettet sie dem Jungen Archer¸ gefoltert von Verbrechern¸ das Leben. Leider ist eine Unterhaltung im herkömmlichen Sinn nicht möglich¸ da er stumm ist. Archer ist ein Kämpfer¸ der¸ einmal losgelassen¸ zum wilden Tier und aufopfernden Krieger wird.
Ein weiterer Handlungsstrang dreht sich um den Jungen Lon. Er ist begabt und versucht sich auf seine Weise durchs Leben zu schlagen¸ immer in der Hoffnung¸ eines Tages kommen die Eltern zurück. Da dem jedoch erst einmal nicht so ist¸ nimmt er das Angebot eines geheimnisvollen Fremden an. Dieser nimmt ihn mit zu einer geheimen Bibliothek und lernt dort das Bibliothkarshandwerk.
Und schließlich wird noch aus der Perspektive Kapitän Chees erzählt. Er erlebt mit seiner Mannschaft Heldentaten auf See¸ die sich gleichzeitig aber in Sefias wundersamen Buch wiederfinden.
Ein Meer von Tinte und Gold ist das gelungene Erstlingswerk Traci Chee. Es ist Band eins einer Trilogie¸ die sicher zu fesseln weiss. Das Problem wird sein¸ die zum Teil langatmigen Erzählstücke durchzustehen¸ denn am Buch selbst liegt es nicht. Mit seinem sehr ansprechenden Umschlag¸ den gestalterischen Teilen ist es ein Hingucker¸ den es zu entdecken gilt. So finden sich oft kleine Hinweise in Form von Fingerabdrücken und ähnlichem. Oder die Seiten 10¸ 19¸ 26¸ 33 bilden einen wichtigen Hinweis¸ man muss nur die Seitenzahlen richtig betrachten.
Mit Kelenna landet man in einer fremden Welt. Zu Beginn erhält man Informationen nur in kleinen Stücken. Bis daraus ein grosses Bild wird¸ muss man viel lesen. Die Beschreibungen sind dann leider hinderlich beim Spannungsaufbau. Die unterschiedlichen Handlungsstränge und –orte sind zudem bei jüngeren Lesern¸ die nicht am Stück das Buch lesen können ein wenig verwirrend.
Die mittelalterliche Welt Kelenna wird als Inselreich beschrieben mit dem üblichen Gehabe von Krieeg und Frieden¸ Vertrauen und Misstrauen etc. Traci Chee schafft es jedoch nicht¸ die Welt lebendiger zu gestalten. Die Welt bleibt ein wenig im Nebel. Möglicherweise hätte hier eine Karte der Welt¸ wie sie inzwischen in vielen Büchern selbstverständlich ist¸ Sinn gemacht. Dann wäre einem die Welt Kelenna nicht so fremd vorgekommen.
Die Charaktere benötigen etwas Zeit¸ bis sie das sind¸ was man sich vorstellt. Lebendig Wesen. In vielerlei Hinsicht wirken sie zu Anfang blass¸ konturlos¸ und bieten keinen Halt¸ um sich mit ihnen zu identifizieren. Mit der Zeit gibt sich das Problem. Dann können junge Leser¸ männlich¸ weiblich¸ ihre Lieblingsfigur geistig in die Arme nehmen und sich besser mit ihnen auseinander setzen.
Ein Meer aus Tinte und Gold wartet mit einer tollen Aufmachung auf¸ mit hellgrauen Seiten¸ die nach und nach dunkler werden¸ Worte neben den Seitenzahlen¸ der Schreibstil ist einfach gehalten. Poetische und fantasievolle Beschreibungen wechseln sich ab mit tieferen Einblicken in die Welt¸ sozialer Aufbau¸ Kultur¸ Sprache etc.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355