Das Buch Raguel: Der Berg der Adepten / Weltendämmerung
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
1990 und 1991 erschien DAS BUCH RAGUEL in einer in acht kleinen Einzelbänden aufgeteilten und verkürzten Version. Der Roman schildert in Episoden die Lebens- und Leidenswege von sechs Männern und einer Frau. Die sieben Personen sind gänzlich verschiedenster Nationalität und entstammen den unterschiedlichsten Berufen. Jede Erzählung¸ das ist bei allen gleich gehalten¸ beginnt mit der Kindheit der jeweiligen Person. Die Unschuld der Kinder des ausgehenden 19ten und beginnenden 20ten Jahrhunderts weicht bald den Zwängen der Gesellschaft¸ in die sie hinein geboren wurden. Durch die lange Zeit¸ in der an dem Buch gearbeitet wurde¸ wirkt der Text ziemlich antiquiert¸ die Wortwahl ist nicht so modern. Geschildert werden in diesen Episoden die Leben der Menschen¸ die sich in leidenschaftlichen Liebesbeziehungen ebenso zeigen¸ wie in ihren leidenden Beziehungen untereinander. Ob nun Leid und Leidenschaft¸ Tod und Tragik oder Magie und Mystik¸ es sind schicksalshafte Verkettungen¸ die das Leben der Handlungsträger beeinflussen. In alle Episoden sind Elemente eingefügt¸ die zum Grusel und Mystischen gezählt werden können.
Der Ort der Handlung ist sinniger Weise das Schweizer Schloss Mythenburg. Nach dem zweiten Weltkrieg treffen sich sieben Personen auf Einladung des Schlossherren Raguel. Niemand kennt den Schlossherren persönlich¸ niemand kennt die anderen sechs Personen¸ die ebenfalls eingeladen sind. Während sie auf die Ankunft oder ein Wort des Schlossherren warten¸ führen sie nur wenige Gespräche¸ doch fühlen sie sich alle zueinander hingezogen. Sie sind sich auf unterschiedliche Weise sympathisch¸ ohne es begründen zu können.
Raguel¸ der Schlossherr ernennt die sieben Personen zu spirituellen Helfern. Die Sieben als Zahl ist selbst mystisch vorbelastet und spielt eine grosse Rolle in der Erzählung. Die sieben Handlungsträger sollen als zukünftige Begleiter der Menschheit helfend und vermittelnd eingreifen. Die verbindende Person des Schlossbesitzers ist nicht ganz geklärt. Angeblich steckt hinter Raguel eine uralte biblische Gestalt. Bis zum Ende des Buches wird dieser Inhalt jedoch nicht gänzlich geklärt. Im Gegenteil¸ in einer etwas verworren erscheinenden mystischen Handlung wird die Vergangenheit mit der Zukunft in Einklang gebracht. Allerdings ist diese Teilhandlung mit religiöser Symbolik überfrachtet und mutet dem Leser einiges zu.
Die Barke der Isis
stellt die französische Historikerin dar. Ihr Geliebter starb durch Selbstmord. In ihrem Sohn glaubte sie eine Wiedergeburt ihres Geliebten zu sehen¸ bis dieser als Baby stirbt.
Der Wagen des Mars
wird von John Carter (eben jenem Marshelden von Edgar Rice Burroughs) dargestellt. John ist mit magischen Fähigkeiten gesegnet¸ die ihn aber nicht immer nützlich sind. Vor allem nicht¸ als er die falsche Frau heiratet.
Der Weg des Hermes
wird vom französischen Psychologen beschritten. Er ist zugleich Spiritist und als Aufgabe hat¸ einen verrückten Wissenschaftler zu besiegen. Dieses bekannte Klischee eines Mad Scientist ist der Sohn dreier Schwestern.
Der Tempel des Jupiter
Der ungarische Poet und Schriftsteller György gehört zu den Rosenkreuzern. Seine Geliebte hat seinen Bruder geheiratet. Mit ihr begeht er Ehebruch.
Der Pfad der Venus
ist der einsame Virtuose und Komponist. In der Abgeschiedenheit findet er selbst¸ der spiritueller Helfer der Menschheit werden soll¸ selbst einen spirituellen Meister.
Die Höhle des Saturn
stellt den jüdischen Physiker und Kosmologen dar¸ der in den Vereinigten Staaten von Amerika eine Academica Okkulta gründete. (Siehe dazu auch die beiden gleichnamigen Bücher der Autorin).
Phaetons Wagen
ist nicht etwa die neue Grossraumlimousine von Volkswagen¸ obwohl diese genau hiervon ihren Namen ableitet. In diesem Fall ist es die Person des norwegischen Geologen. Der Vater des Geologen verschwand während einer Mount Everest Expedition und durchschreitet in Tibet nun die Hölle und den Himmel auf der Suche nach Wahrheit.
Der Roman ist spannend erzählt und enthält einiges an historischen wie auch biographischen Einzelheiten. Allerdings neigt Maria Szepes zu belehrenden Längen¸ wenn es darum geht¸ sich mit der Einführung in okkulte Themen¸ wie Rosenkreuzer¸ Kabbala¸ Zahlenmystik und weiteres aufzuhalten. Die alte Dame des Okkulten glänzt in jedem Fall nicht nur mit ausgefallener Handlung¸ sondern mit einem hervorragenden Allgemeinwissen. Zudem greift sie in ihren Büchern im Allgmeinen und in diesem insbesondere immer wieder auf literarische Vorlagen zurück. Gleichwohl ist es der Schauerroman wie auch überliefertes okkultes Wissen. Sicherlich gehört sie zu einer der Eingeweihten. Von der Art ihres Schreibens würde ich Maria Szepes selbst zu den Rosenkreuzern zählen¸ ohne ihr jetzt etwas zu unterstellen. Beweisen kann ich diese Aussage jedoch nicht und bleibt daher nur eine Vermutung von mir.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355