Das Buch der Rache
Nach meinem Ausflug in die Abgründe der Albernheiten in der letzten 'Nach(t)kritik' begebe ich mich diesmal wieder in ernsthaftere Bereiche des Rollenspiels.
Das fünfte Abenteuer aus der Serie 'Traumreisen'
S. Deckers¸ V. Schmidt¸ D. Dohndorf¸ D. Dettmeringist in meinen Augen eine der bemerkenswertesten Neuerscheinungen der letzten Zeit!
Das Buch der Rache
©Drachenland-Verlag¸ Braunschweig
ISBN leider Fehlanzeige ...
Das Heft in der typischen Drachenland-Aufmachung
enthält eine ausführliche Vorgeschichte¸ ohne die die
Ereignisse während des Abenteuers auch dem Spielleiter
sicherlich nicht so einfach zugänglich wären¸ nebenbei finde
ich die Geschichte auch noch wirklich gut geschrieben!
Eine darauf folgende Abenteuerübersicht bietet dem Spielleiter
nochmals eine Hilfe¸ den Faden des Geschehens nicht so leicht zu
verlieren (was bei Abenteuern¸ die vorwiegend in Städten
stattfinden¸ durch die Aktionen der Spielerfiguren sonst sehr leicht
geschehen kann).
Positiv zum folgenden eigentlichen Abenteuer sei hier vermerkt¸
daß die Spieldaten der vorkommenden Menschen und Kreaturen immer
an Ort und Stelle im Text stehen und somit die Blätterei¸ die bei
vielen bisherigen Abenteuern aus diesem Verlag unvermeidlich war¸
wegfällt.
Das Abenteuer
Der hauptsächliche Schauplatz des Abenteuers ist die Stadt Nibisis¸ die auf Midgard im Land Chryseia anzusiedeln ist (für andere Fantasy-Welten sind weitere Vorschläge für die Lokalität vorgeschlagen).
Die Abenteurer erreichen die Stadt gegen Abend¸ werden nach kurzer
Unterweisung durch die Stadtwachen eingelassen und müssen noch vor
dem Erreichen einer festen Unterkunft feststellen¸ daß in dieser
Stadt nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Nach einer unangenehmen
Begegnung mit seltsamen Wesen werden sie zuerst einmal von den Wachen
'in Schutzhaft genommen' und dürfen ihre erste Nacht in der Stadt
in einer Zelle der Kommandantur verbringen. Dort erleben sie auch zum
ersten mal -in einem unwirklichen Traum- einen flüchtigen Eindruck
der Macht¸ die in der Stadt herrscht...
Am Morgen danach werden sie dem Richter der Stadt vorgeführt¸ der
sich trotz seinem unscheinbaren Äußeren und seiner schon fast
lächerlich schrillen Stimme bald als durchaus kooperativ erweist
und in den nächsten Tagen als Auftraggeber für die Gruppe
fungiert - denn der nächtliche Zwischenfall¸ den die Abenteurer
erlebten¸ ist bei weitem nicht das einzig Seltsame¸ was in dieser Stadt in
letzter Zeit vorgefallen ist!
Die verschiedenen Stätten in Nibisis werden -je nach Wichtigkeit-
detailiert dargestellt. So erhalten die Abenteuerer einen Einblick in
die Kultur des Landes¸ von den typischen Speisen über das
Lieblingshobby der Stadtbewohner -die Orgien- bis hin zum Badebetrieb in
den örtlichen Thermen.
Während des Stadtaufenthaltes kommt es zu weiteren¸ unheimlichen
Begebenheiten und die Abenteurer werden schnell einige
ungewöhnliche Todesfälle in Zusammenhang mit den seltsamen
Träumen der Stadtbewohner (und ihren eigenen) bringen. Als dann
noch sämtliche Schriftstücke in der Stadt plötzlich ihre
Buchstaben verlieren¸ sind sie der Quelle allen Übels
wahrscheinlich schon so nahe¸ daß sie Schritte zu dessen
Bekämpfung einleiten werden...
Etwas Kritik
Das Abenteuer ist 'am besten mit drei bis sechs Charakteren der mittleren Erfahrungsstufen spielbar'¸ wie es im Vorwort heißt. Ich glaube¸ das kommt über weite Strecken des Abenteuers auch so hin - leider gibt es einige Ausnahmen¸ die der Grund dieses Absatzes sind ...
Die Schattenmarder¸ mit denen die Abenteurer mindestens einmal zu tun haben¸ sind ganz schön heftige Gegner. Wir haben einen Kampf zwischen diesen possierlichen Tierchen und unserer Abenteurergruppe mal durchgespielt¸ und dabei die 'spezielle' Kampfesweise der Marder bedacht - mit dem Ergebnis¸ daß einer (!) der Abenteurer einen Kampf 1:1 überlebte (unsere Grade waren 3-6). Spielleiter also aufgepaßt! Nehmt lieber einige Viecher weniger (oder stattet sie mit weniger LP aus).
Im Verlauf des Abenteuers finden die Abenteurer einige Räume mit wirklich mächtigen magischen Artefakten (mehr möchte ich hier dazu nicht sagen...)¸ der Spielleiter sollte zwar¸ wie eigentlich immer¸ in Betracht ziehen¸ daß die Abenteurer nach dem hoffentlich glücklichen Ende ihr künftiges Domizil in Nibisis aufschlagen (denn so schlecht läßt es sich hier nicht leben)¸ aber er sollte es sich dreimal überlegen¸ ob die Gruppe auch nach der Erfüllung ihres 'Auftrags' über diese heftigen Möglichkeiten verfügen kann. Und wenn er es erlaubt¸ sollte er daran denken¸ daß die Abenteurer zumindest etliches in den 'Objektschutz' stecken sollten...
Ach ja¸ hier noch eine kleine Statistik: Von fünf Charakteren der Grade 3-6 überlebten das Abenteuer vier¸ und das auch nur¸ weil der eine (Hx Gr3) einen groben Fehler beging ... hätten wir allerdings gegen die Schattenmarder in ihrer ursprünglichen Stärke antreten müssen¸ so glaube ich nicht¸ daß eine derart geschwächte Gruppe (s.o.)¸ 'aufgefüllt mit Erstgradlingen¸ das Ganze durchgestanden hätte.
Coming soon: Die nächste Nach(t)kritik behandelt 'Corrinis¸ Stadt der Abenteurer' (Der Klassiker auf dem Gebiet der Stadtbeschreibungen)
Eine Rezension von: Webster