Das Artefakt
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Doch zuerst gilt es¸ den ermordeten Beauftragten der Ägide¸ Rahil Tennerit¸ bei seiner Wiederauferstehung zu begleiten. Mit Hilfe der entsprechenden Technik ist es möglich¸ mit dem genetischen Code der betreffenden Person und einem Abbild¸ einem sogenannten "Image" diese Person wieder zu erschaffen. Unter diesem Abbild kann man sich eine im Computer bewahrte Aufzeichnung von Erlebnissen¸ Erinnerungen und Bewusstseinsinhalten eines Lebewesens vorstellen. Ähnlich wie bei einer Datei wird immer nur die neueste Ausgabe gespeichert. Aber es kann auch vorkommen¸ dass die zu einem bestimmten Zeitpunkt angefertigte Datei älter ist und dann fehlen Erinnerungen. Rahil Tennerits Abbild ist ein Jahr alt. Somit fehlt ihm ein Jahr¸ ausgerechnet mit dem Wissen über die Erforschung des Artefaktes. Aus diesem Grund macht sich der wiedererweckte Rahil Tennerit auf die Reise zum Planteten Heraklon. Angeblich soll sich dort eine Aufzeichnung befinden¸ die aktueller ist¸ als er jetzt. Um seinen ursprünglichen Auftrag zu erfüllen und die verlorenen Erinnerungen wiederzufinden bleibt ihm nichts anderes übrig. Es beginnt eine Reise¸ die mit allerlei Hindernissen gespickt ist.
Abenteuer im Weltraum ohne waffenstarrende Raumschlachten ist nicht unbedingt die Space Opera¸ die viele Leser erwarten. Statt dessen finden sich eine tragische Familiengeschichte und philosophische Betrachtungen¸ die das Buch um so interessanter werden lassen. Dabei sind die Eigenschaften der Menschen beibehalten. Andreas Brandhorst hielt es nicht für nötig¸ das Rad neu zu erfinden¸ so wie man zu sagen pflegt. Warum auch? Mit den vorhandenen Eigenschaften ist ein Mensch bestens charakterisiert. Hinzu kommt seine eigene Entwicklung des Universums. Ganz in der Tradition der Kantaki-Romane arbeitet er hier weiter an der Weltengründung. Man könnte meinen¸ er spielt Gott. In gewissen Sinn ist es auch so¸ denn er ist der Erschaffer von Welten und Menschen. Eben diese Menschen sind es¸ die zu Handlungen getrieben werden¸ um dem Leser eine spannende Unterhaltung zu bieten. Ich könnte das Buch noch stundenlang weiterlesen¸ aber irgendwann ist auch die letzte Seite gelesen. Gelungen finde ich die Beziehungen untereinander und die Verbindungen¸ die die einzelnen Handlungsstränge nehmen. Dabei ist der Start der Erzählung gar nicht so einfach. Der Autor begegnet dem Leser¸ indem er ihn mitten in eine Handlung drückt. Da liest er nun¸ der arme Tropf und weis nicht recht¸ wie ihm geschieht. Er liest und liest und ehe er sich versieht¸ steckt er in einer spannenden Handlung¸ die mehr als nur einseitig¸ sondern eher vielschichtig und geheimnisvoll daher kommt. Die hochstehende Techniik¸ die er den Handlungsträgern gegenüberstellt¸ muss wie ein Wunder oder Magie wirken¸ auf die¸ die sie nicht verstehen. Andreas Brandhorst erzählt d ie Geschichte so¸ als wüsste der Leser um die historischen Begebenheiten¸ so als hätte er die Vorgeschichte dazu bereits gekannt. Aber ich schweife ab. Was mir noch wichtig erscheint¸ ist¸ dass der Autor mit der Phantasie seiner Leser spielt. Er beschreibt nicht alles¸ lässt Lücken¸ die die eigene Vorstellungskraft ausfüllen muss. Fast wie bei einem Lückentext. Nur dass hierbei wiederum eine neue Geschichte entstehen könnte. Andreas Brandhorst lässt diese Möglichkeit jedoch aus und erzählt seine Geschichte nach seinen Vorstellungen zu Ende. Und diese Geschichte hat mir bestens gefallen.
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355