Cyberpunk 2077: Trauma Team
Dies ist eine Rezension aus Der phantastische Bücherbriefdem monatlich von 1980 bis 2021 erschienenen Newsletter vom Club für phantastische Literatur von Erik Schreiber. |
Es ist fast schon zur Tradition geworden, dass grosse Spiele-Titel fast immer von einer relativ grossen Menge an Merchandising begleitet werden. Und da Cyberpunk 2077 eines der meist erwarteten Spiele des letzten Jahrzehnts war, ist es ziemlich klar, dass wir eine ähnliche Situation mit diesem Titel nicht vermeiden können. Nach World of Warcraft, Mass Effect, Overwatch oder Tomb Raider kommt nun ein weiterer Comic, der von einer erfolgreichen Spielemarke profitiert. Und obwohl es den Anschein haben mag, dass es, wie in vielen früheren Fällen, eine Geldschleuder sein wird, kann das Trauma-Team Sie am Ende angenehm überraschen. Zu verdanken ist das dem erfahrenen Cullen Bunn der hier beweist, dass auch Comics zur Verkaufsförderung von Videospielen eine interessante Geschichte bieten können, die durchaus etwas zu bieten hat. Die Entwickler haben eine wirklich faszinierende, voll funktionsfähige Welt erschaffen, deren Geschichte zweifellos die Hauptantriebskraft des gesamten Spiels ist. Allerdings sollte man wissen, das lange vor dem PC-Spiel es ein Pen and Paper Rollenspiel gab und dazu die entsprechenden Romane. Aus dem Cyberpunk entwickelte sich später das Rollenspiel Shadowrun mit seinen wesentlich erfolgreicheren Romane. Cullen Bunn entschied sich jedoch, in seinem Comic einen etwas anderen Weg einzuschlagen. Er lässt die Haupthandlung und die bekannten Charaktere aus dem Spiel komplett beiseite und zeigt dem Spieler andere interessante Aspekte dieser futuristischen Welt. Vielleicht ist es das, was diesen Comic auch für jene Leser, die den Hype um das Spiel verpasst haben, so zugänglich macht wie nie zuvor.
Im Comic bekommen werden wir direkt in die Action geworfen. Wie der Titel des Comics schon andeutet, dreht sich die Geschichte um das Trauma-Team (gemeint sind bewaffnete Rettungssanitäter) . Konkret versetzen wir uns in die Lage von Nadia, einer Sanitäterin, die die einzige Überlebende eines gescheiterten Rettungseinsatzes ist. Aber jetzt ist es an der Zeit, zurückzukehren. Aber Nadia hat keine Ahnung, wen sie aus dem 100. Stock eines Wolkenkratzers voller Bewaffneter retten muss! Obwohl sich der Autor nicht allzu viel Mühe gibt, die Leser in die Handlung oder die Funktionsweise der Welt einzuführen, funktioniert hier alles perfekt und die einzelnen Muster kommen einem beim Lesen irgendwie entgegen. Das gilt auch für die Figuren, auf denen die ganze Geschichte basiert. Um sie und ihre Werte und ihre Handlungsfähigkeit herum baut sich die gesamte Handlung auf, die sich meisterhaft unter einer Flut von nicht enden wollender Action und Blut hervorhebt. Kurzum: Cullen Bunn hat hier selbst auf kleinste Details geachtet, die den gesamten Comic massgeblich voranbringen.
Natürlich dürfen wir das Kunstwerk nicht vergessen. Im Fall dieses vierteiligen One-Shots wurde es von Miguel Valderrama gemacht, den die Leser vielleicht vor allem durch seinen Giants-Comic kennen, den er zusammen mit seinem Bruder geschrieben hat. Man kann ihn definitiv nicht als Mainstream bezeichnen, in dieser Hinsicht ist sein Zeichenstil viel rauer und lockerer. Es passt jedoch perfekt in das Konzept von Trauma Team und trägt zur Gesamtatmosphäre bei, die dieser Comic aufzubauen vermochte. Der Comic sprüht nur so von allen Seiten und wenn künftige Fortsetzungen die Qualität des soeben erschienenen Romans halten können, sieht die Zukunft des Cyberpunk in Comics gar nicht so schlecht aus ...
Eine Rezension von: Erik 'vom Bücherbrief' Schreiber https://www.facebook.com/erik.schreiber.355